Die Koalition schafft die Voraussetzungen für eine wieder erstarkte deutsche Wirtschaft
Eine Leitzinssenkung der EZB ist nahezu sicher
Die Weltwirtschaft befindet sich immer noch in einem Handelskonflikt. Es gibt zwar für die EU und andere Länder eine Zollpause, trotzdem ist noch keine Verhandlungslösung gefunden worden. Auch gilt für alle Länder mit Ausnahme von China nunmehr ein Basiszoll von 10 Prozent. Davon dürfte ein negativer Wachstumsimpuls für die Eurozone ausgehen, wobei die meisten Modellrechnungen eher nur einen geringen negativen Effekt schätzen. Der empfindliche Rückgang des sentix-Konjunkturindex am 7. April entstand noch unter dem Eindruck von 20 Prozent US-Zöllen gegen die EU und unter dem Eindruck der Finanzmarktturbulenzen. Die Zollpause in Kombination mit einer Beruhigung der Finanzmärkte dürften den ZEW-Index am Dienstag weit weniger belastet haben. Nichtsdestotrotz wird sich die Konjunktur in der Eurozone in den kommenden Monaten etwas abschwächen, was eine schwächere Nachfrage und damit eine niedrigere Inflation bedeutet. Gleichzeitig ist bisher immer noch ein erheblicher Rückgang der Rohstoffpreise zu beobachten. So verzeichnete der Ölpreis der Sorte Brent einen Rückgang von etwa 20 Prozent seit Anfang April. Darüber hinaus wertete der Euro-Wechselkurs gegenüber dem US-Dollar auf. Insgesamt dürfte die Inflation damit in den kommenden Monaten merklich sinken, was auch schon an den Finanzmärkten eingepreist ist. Für die kommenden 12 Monate handelt ein Inflationsswap derzeit nur bei etwa 1,3 Prozent. Vor diesem Hintergrund wäre es schon sehr überraschend, wenn die EZB am Donnerstag den Einlagesatz nicht um 25 Basispunkte auf 2,25 Prozent senken würde. Darüber hinaus sehen wir Chancen, dass die EZB noch drei weitere Zinsschritte auf 1,5 Prozent macht.
Die Wirtschaft der Eurozone dürfte von den Leitzinssenkungen profitieren. Darüber hinaus werden die höheren Staatsausgaben in Deutschland in Kombination mit einer wirtschaftsfreundlichen Regierung einen wichtigen positiven Wachstumsimpuls liefern. Wir bleiben daher bei unserer optimistischen Wachstumsprognose für die Eurozone von 1,0 Prozent in diesem Jahr.
Eine positive Einschätzung des Koalitionsvertrags
Die neue Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD setzt mit ihrem Koalitionsvertrag ein klares Signal für wirtschaftliches Wachstum und strukturelle Erneuerung. Die geplanten Maßnahmen zielen darauf ab, Deutschlands wirtschaftliches Potenzial nach einer Phase der Stagnation wieder deutlich zu erhöhen. Im Zentrum steht dabei eine wachstumsorientierte Fiskalpolitik, die durch eine Reform der Schuldenbremse neue Spielräume eröffnet. Die Ausklammerung von Verteidigung aus der Schuldenregel sowie ein 500 Mrd. Euro starker Sonderfonds schaffen die Grundlage für umfangreiche staatliche Investitionen über die nächsten zwölf Jahre. Bereits in den Jahren 2026 und 2027 ist mit einem fiskalischen Impuls in Höhe von jeweils etwa einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu rechnen. Die staatlichen Investitionen, etwa in Verkehrswege, digitale Infrastruktur, Schulen, Krankenhäuser und klimaneutrale Energieversorgung, werden nicht nur unmittelbare Nachfrageeffekte erzeugen, sondern auch langfristig die Angebotsseite der Volkswirtschaft stärken.
Besonders positiv ist die Kombination aus Investitionen und strukturellen Reformen: Mit vereinfachten Genehmigungsprozessen, einem flächendeckenden digitalen Bauantragssystem und dem Abbau bürokratischer Hemmnisse wird das Investitionsklima verbessert und die Planungsunsicherheit reduziert. Gleichzeitig wird die Steuerpolitik modernisiert: Unternehmen profitieren ab 2025 von verbesserten Abschreibungsbedingungen, mittelfristig ist eine Reduktion der effektiven Unternehmenssteuer von 30 % auf 25 % vorgesehen – ein wichtiger Schritt zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland. Auch private Haushalte sollen durch niedrigere Einkommensteuern, reduzierte Mehrwertsteuer auf Restaurantbesuche und sinkende Stromkosten spürbar entlastet werden. Dies dürfte nicht nur die Konsumlaune stärken, sondern auch zu einer stabileren Binnenkonjunktur beitragen.
Die Koalition setzt zudem gezielt auf die Stärkung des Arbeitsmarkts. Durch neue Einwanderungsgesetze für Fachkräfte, erleichterte Anerkennungsverfahren und gezielte Integrationsmaßnahmen soll der demografisch bedingten Knappheit an Arbeitskräften begegnet werden. Gleichzeitig werden Anreize für ältere Beschäftigte geschaffen, länger im Erwerbsleben zu bleiben. Mit einem geplanten Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde bis 2026 wird zudem die Kaufkraft im unteren Einkommenssegment gestärkt – mit positiven Multiplikatoreffekten auf den Konsum.
Auch die Energiepolitik ist wachstumsfreundlich ausgerichtet: Die Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte schafft spürbare Entlastung für Haushalte und Unternehmen, fördert Investitionen in Produktion und Innovation und unterstützt zugleich die grüne Transformation. Der gezielte Ausbau erneuerbarer Energien und der Wasserstoffinfrastruktur wirkt zusätzlich investitions- und zukunftsorientiert.
In der Summe ist der Koalitionsvertrag eine wirtschaftspolitische Kurskorrektur hin zu mehr Investitionen, mehr Beschäftigung und mehr Dynamik. Zwar sind viele Maßnahmen noch unter Finanzierungsvorbehalt gestellt, doch der politische Wille zu wirtschaftlicher Belebung ist unverkennbar. Sollte es gelingen, die angekündigten Programme entschlossen umzusetzen, stehen die Chancen gut, dass Deutschland seine Wachstumsschwäche überwindet und neue wirtschaftliche Resilienz aufbaut.
USA: Makroökonomische Daten ohne Aussagegehalt
Es gibt eine Zeitrechnung vor und nach dem „schwarzen Mittwoch“ am 2. April. Davor war die makroökonomische Welt noch in Ordnung. Daher werden die makroökonomischen Daten zwar noch gut aussehen, aber keinen Informationsgehalt haben: Einzelhandelsumsätze (Mittwoch), Industrieproduktion (Mittwoch), NAHB-Index (Mittwoch) und Neubaubeginne (Donnerstag).
Der Philadelphia Fed Index (Donnerstag) dürfte dagegen schon die Ereignisse seit dem 2. April widerspiegeln, da der Umfragezeitraum immer die erste Monatshälfte umfasst. Aber da es sich um eine Umfrage handelt, dürfte sie vielleicht eher ein Stimmungsbild zeigen als die tatsächliche realwirtschaftliche Entwicklung.
Quellen: US ITC, Census Bureau, J.P. Morgan, Metzler
Trotz der am Mittwoch angekündigten Zollpause für viele Länder wird der durchschnittliche Zollsatz immer noch erheblich steigen. Die Schätzung am 2. April war, dass er von etwa 4,0 Prozent auf 24 Prozent steigen könnte, jetzt ist die Schätzung, dass es immer noch ein Anstieg auf etwa 20 Prozent sein könnte. Damit würde in etwa das Niveau Anfang der 1930er Jahre erreicht werden. Damit handelt es sich immer noch um einen unglaublich großen Schock, der sehr wahrscheinlich eine Rezession in den USA verursachen wird. Gleichzeitig ist jedoch die US-Inflation hartnäckig hoch, sodass die US-Notenbank nicht proaktiv den Leitzins senken kann, sondern erst auf eine merkliche Verschlechterung der makroökonomischen Daten warten muss. Wir haben vor diesem Hintergrund unsere Wachstumsprognose für die USA nicht angepasst und erwarten für 2025 ein Wirtschaftswachstum von 0,0 Prozent.
China im Krisenmodus
Die Deflation in China wird zunehmend chronisch und signalisiert eine anhaltend schwache Binnennachfrage. Infolge des Handelskonflikts wird in den kommenden Monaten der Export hart getroffen werden und als Wachstumsmotor ausfallen. Immerhin dürfte er noch im ersten Quartal zu einem starken Wirtschaftswachstum (Mittwoch) beigetragen haben, da viele Exporteure im ersten Quartal ihre Ausfuhren in die USA vorzogen. Vor diesem Hintergrund dürfte sich das altbekannte Bild zeigen: eine robuste Industrieproduktion aber schwache Einzelhandelsumsätze (jeweils Mittwoch). Die chinesische Regierung dürfte daher bald ein größeres Stimulus-Programm auflegen, um die Binnennachfrage zu stärken. Im Blick auf die kommenden Monate wäre eine Verhandlungslösung rational, die eine merkliche Zurücknahme der amerikanischen Zölle bei einer gleichzeitig starken Aufwertung des chinesischen Yuans beinhalten würde. Vielleicht werden schon nächste Woche dazu Verhandlungen aufgenommen.
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