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CIO:view | Investment Summary - 15.4.2025

Investitionsboom in den USA? Fraglich. Rezessionsgefahr? Gestiegen. Europa ist trotz Risiken eine Alternative!

Was zunächst nach Aufbruch klang, schlug binnen weniger Wochen in Ernüchterung um. Nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump dominierten zunächst Hoffnungen auf baldige Deregulierung, Steuersenkungen und ein beschleunigtes Wirtschaftswachstum die US-Märkte. Doch die anfängliche Euphorie ist in Pessimismus umgeschlagen. Die massenhaften Entlassungen im öffentlichen Dienst sowie der sich zuspitzende Handelskonflikt mit Mexiko und Kanada sorgten für erhebliche Verunsicherung. Die Risikobereitschaft der Investoren nahm spürbar ab. Für einen regelrechten Schock sorgte schließlich die Ankündigung umfassender Importzölle am sogenannten „Liberation Day“ – sie löste weltweit Kursstürze aus.

Basis der US-Politik ist eine zweifelhafte Zollarithmetik

Dass auf den „Tag der Befreiung“ ein Kursdesaster an den Finanzmärkten folgte, liegt vor allem daran, dass sich der US-Zollpolitik kaum wirtschaftlich sinnvolle Argumente abgewinnen lassen. Zudem hatten nur wenige Marktteilnehmer mit einer derart drastischen Erhöhung der Importzölle gerechnet. Denn die Berechnung der länderspezifischen Zollsätze durch die US-Regierung basiert nicht auf international anerkannten Standards, sondern auf einer simplifizierten Formel.

Trumps „Magic Formula" zur Berechnung „reziproker" Zölle
Änderung des Zollsatzes für Land i
Trumps "Magic Formula" zur Berechnung reziproker Zölle
Quellen: Office of the United States Trade Representative; Metzler

Stand: 2.4.2025

Danach soll die Europäische Union (EU) einen effektiven Zollsatz von 39 Prozent auf US-Produkte erheben – eine Zahl, die in krassem Widerspruch zu den Analysen der Welthandelsorganisation (WTO) steht. Der WTO zufolge liegt der handelsgewichtete durchschnittliche Zollsatz der EU über alle Warengruppen hinweg nur rund 0,5 Prozentpunkte über dem der USA. Eine „reziproke“ Anhebung der US-Zölle auf EU-Niveau hätte damit in der Gesamtbetrachtung de facto so gut wie keine Auswirkungen gehabt.

Sollten die angekündigten Importzollerhöhungen tatsächlich umgesetzt werden, wäre dies der größte zollpolitische Schock für die Weltwirtschaft in den letzten 100 Jahren – auch, weil zusätzliche Zollbelastungen für US-Exporte durch Gegenzölle oder andere handelspolitische Reaktionen der betroffenen Länder zu erwarten sind. Zwar werden Verhandlungen dazu führen, dass die tatsächliche Belastung für Unternehmen geringer ausfällt als derzeit angedroht. Aber ob und wann die Gespräche zum Erfolg führen, ist schwer abzusehen. Angesichts der inhaltlichen Inkonsistenz der US-Zollberechnung und der Vielzahl an involvierten Akteuren dürfte eher mit langwierigen Verhandlungsprozessen zu rechnen sein.

Trumps Zollpolitik wirft USA zurück in die 30er Jahre
Durchschnittlicher effektiver Zollsatz auf US-Importe (in %)
Trumps Zollpolitik wirft USA zurück in die 30er Jahre
Quellen: U.S. International Trade Commission, Yale University, Metzler

Stand: 10.04.2025

Zusätzliche Unsicherheit für Investoren ergibt sich aus der schwer zu beurteilenden Exponierung einzelner Unternehmen im internationalen Handel. Informationen zu detaillierten Import- und Exportstrukturen werden oftmals nicht systematisch veröffentlicht, was die Risikoeinschätzung erschwert. Noch komplexer ist die Lage bei der Bewertung der zollbedingten Störungen innerhalb globaler Lieferketten.

„I think it's going very well. […] The markets are going to boom.“
Donald Trump, US-Präsident,
am 4. April 2025

Eine globale Rezession wird wahrscheinlicher

Dass die Politik von Donald Trump im aktuellen Umfeld kurzfristig einen nachhaltigen Investitionsboom ausländischer Unternehmen in den USA auslöst, erscheint aus heutiger Sicht wenig plausibel. Die erratische Ad-hoc-Politik der US-Regierung untergräbt das Vertrauen in planbare Rahmenbedingungen – eine Grundvoraussetzung für langfristig angelegte Investitionsprojekte. Das zuletzt verkündete 90-tägige Zollmoratorium verlängert die paralysierende Ungewissheit.

Unsicherheit hat eine korrosive Wirkung auf die Wirtschaft und unser Basisszenario eines stabilen globalen Wachstums bei moderater Inflation wird unwahrscheinlicher. Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession dürfte dagegen gestiegen sein und insbesondere für die USA gewinnt unser Risikoszenario eines rückläufigen Wachstums bei gleichzeitig steigender Inflation an Bedeutung. Eine solche Stagflation würde die US-Notenbank Fed vor ein erhebliches Dilemma stellen. Die vier Zinssenkungen, die derzeit am Anleihemarkt eingepreist sind, erscheinen unter diesen Voraussetzungen unrealistisch.

Für positive Impulse könnte hingegen die Ankündigung konkreter Unternehmenssteuersenkungen sorgen. Diese könnten helfen, einen Teil der zu erwartenden Abwärtskorrekturen bei den Gewinnschätzungen abzufedern – und damit zumindest temporär für etwas Zuversicht an den Märkten sorgen.

Europäische Aktien mit relativer Stärke

Europa bleibt – noch vor China – der wichtigste Handelspartner der USA. Durch die US-Zollpolitik rechnen wir entsprechend mit spürbaren negativen Effekten auf das europäische Wirtschaftswachstum, doch diese sollten im Vergleich zu den Belastungen in den USA moderat ausfallen. Dazu kommt: Angesichts der geringen Inflation verfügt die EZB über Zinssenkungsspielraum. Die relative Stärke der europäischen Aktienmärkte – trotz zuletzt deutlicher Verluste – ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar.

In Deutschland hat die voraussichtliche neue Regierung eine fiskalpolitische Kursänderung vollzogen. Dieser Paradigmenwechsel rechtfertigt eine höhere Bewertung des deutschen Aktienmarktes – insbesondere des Nebenwertesegments. Und auch auf europäischer Ebene sind Anstrengungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit erkennbar. Mit Maßnahmen wie den „Omnibus“-Initiativen oder dem „Clean Industrial Deal“ signalisiert die Europäische Kommission klaren politischen Willen, den Industriestandort Europa zukunftsfähig aufzustellen.

Positive Impulse für europäische Aktien könnten auch aus Fortschritten bei den diplomatischen Bemühungen um eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg resultieren. Hoffnungen auf einen raschen Erfolg der US-Vermittlungsversuche erwiesen sich allerdings als verfrüht und eine nachhaltige Lösung des Konflikts scheint noch in weiter Ferne zu liegen. Sollte es aber zu einem groß angelegten Wiederaufbau der zerstörten Ukraine kommen, dürften europäische Unternehmen zu den Profiteuren gehören – etwa Hersteller von Kapitalgütern und Baustoffen. Eine neue Bedarfsanalyse u. a. der Weltbank beziffert den Gesamtaufwand für den Wiederaufbau der Ukraine mittlerweile auf 524 Mrd. US-Dollar.

Positives Umfeld für europäische Rüstungsaktien

Darüber hinaus hat sich das ohnehin günstige Umfeld für europäische Verteidigungsaktien weiter verbessert. Anlass sind zunehmende Zweifel an der Verlässlichkeit US-amerikanischer Sicherheitsgarantien und der Unterstützung für die Ukraine. In Deutschland wurde beschlossen, Verteidigungsausgaben oberhalb von einem Prozent des BIP von der Schuldenbremse auszunehmen. Die EU-Kommission schlug zusätzlich vor, die Mitgliedstaaten mit 150 Mrd. Euro an Darlehen zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben zu unterstützen und sicherheitsrelevante Ausgaben für vier Jahren von den EU-Haushaltsregeln auszuklammern, womit sich 650 Mrd. Euro mobilisieren ließen.

Renditeschock, aber kein Vertrauensverlust

An den europäischen Anleihemärkten sorgten die überraschende Ankündigung einer signifikanten Ausweitung der deutschen Staatsschulden für einen Ausverkauf. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen sprang um 30 Basispunkte – der stärkste Anstieg seit der Wiedervereinigung – und löste einen Dominoeffekt auf dem gesamten europäischen Zinsmarkt aus. Gleichwohl halten wir Zweifel an der Kreditwürdigkeit Deutschlands angesichts einer im internationalen Vergleich niedrigen Verschuldungsquote für unbegründet. Zudem signalisiert die anhaltend hohe Nachfrage nach Neuemissionen mit sehr langer Laufzeit, dass der Anleihemarkt bereit ist, zusätzliche deutsche Schulden zu tragfähigen Konditionen zu finanzieren.

Aktuelle Positionierung

Unsere aktiv-diskretionären Multi-Asset-Portfolios waren im Vorfeld des „Liberation Day“ weitgehend neutral positioniert. Nach den überraschenden US-Zollankündigungen und dem darauffolgenden Übergang der Aktienmärkte in einen Bärenmarkt haben wir die Aktienquote deutlich gesenkt – zuletzt auf rund 60 Prozent der maximal zulässigen Allokation. Innerhalb des Aktienbausteins haben wir europäische Titel zulasten von US-Aktien übergewichtet. Zusätzlich liegt der Fokus auf Unternehmen mit hohem Umsatzanteil außerhalb der USA. Zyklische Titel zum Beispiel aus dem Halbleitersektor haben wir zugunsten von Titeln aus defensiveren Sektoren reduziert. Weiterhin setzen wir auf Qualitätstitel, die sich in früheren Bärenmärkten als vergleichsweise widerstandsfähig erwiesen haben.

Im Anleihesegment haben wir die Duration taktisch verlängert. Angesichts der deflationären Tendenzen in Europa und unserer Erwartung weiterer Leitzinssenkungen sehen wir vor allem in Bundesanleihen attraktive Opportunitäten. Die Position in inflationsgeschützten US-Anleihen halten wir unverändert. Unser Fokus auf europäische Unternehmensanleihen hoher Bonität hat sich in den letzten Wochen bezahlt gemacht. Anleihen mit erhöhtem Kreditrisiko – etwa im BBB- und High-Yield-Segment – halten wir trotz der jüngsten Spreadausweitungen weiterhin für unattraktiv.

Unsere strategische Übergewichtung in Gold bleibt bestehen. Sie dient vorrangig der Absicherung – eine Rolle, die sie zuletzt erfolgreich erfüllt hat. In Erwartung eines schwächeren US-Dollars haben wir im Frühjahr die Dollar-Quote im Portfolio signifikant reduziert und zuletzt weitere gezielte Absicherungsgeschäfte für unsere Dollar-Position getätigt.

Oliver Schmidt, Chief Investment Officer
Oliver Schmidt

Chief Investment Officer
Metzler Asset Management