USA: Niedrige Inflation aufgrund schwacher Nachfrage oder positivem Angebotsschock?
USA: Inflationsdynamik im Fokus
Im Mai überraschten die Inflationsdaten mit kaum noch steigenden Preisen. Damit stellt sich sofort die Frage, ob die schwache Preisdynamik Folge einer Nachfrageschwäche wie in China ist oder ob sich das Angebot deutlich verbessert hat, sodass gleichzeitig ein dynamisches Wachstum bei niedriger Inflation möglich ist.
Der Immobilienmarkt ist ein Segment, das derzeit unter einer erheblichen Nachfrageschwäche leidet. So sorgten die Erwartungen von Leitzinssenkungen lange Zeit für eine gewisse Resilienz, die aber mit der Neubewertung des Zinsausblickes „higher for longer“ seit Jahresanfang verloren gegangen zu sein scheint. So ist für Erstkäufer die Erschwinglichkeit von Wohnimmobilien seit Beginn des Leitzinserhöhungszyklus erheblich gefallen.
Es drohen also Enttäuschungen bei dem NAHB-Index (Mittwoch), den Neubaugenehmigungen (Donnerstag), den Neubaubeginnen (Donnerstag) sowie bei den Umsätzen bestehender Wohnimmobilien (Freitag). Traditionell ist der Wohnimmobilienmarkt ein Indikator, der frühzeitig konjunkturelle Wendepunkte signalisiert. Eine sich abzeichnende Schwäche am Wohnimmobilienmarkt würde also auf eine schwächere Konjunktur 2025 hindeuten. Allerdings erscheint es eher fraglich, ob der Zusammenhang auch in diesem Konjunkturzyklus gilt, da dieser ungewöhnlich ist und viele historische Zusammenhänge nicht wie gewohnt funktionieren.
Um die Inflationsentwicklung zu beeinflussen, ist der Wohnimmobilienmarkt allerdings zu klein. Viel wichtiger für die Inflationsperspektiven ist der Konsum. So ist beispielsweise in China ein sehr schwacher Konsum zu beobachten, was dort deflationäre Tendenzen zur Folge hat. Dementsprechend wird sich der Fokus auf die US-Einzelhandelsumsätze (Dienstag) richten. Sollten diese im Rahmen der Erwartungen steigen, würde das einen anhaltend robusten Konsum signalisieren. Eine schwache Konsumnachfrage wäre dann nicht die Ursache für die niedrige US-Inflation, sondern eine merkliche Verbesserung des Angebots. In diesem Fall würde auch weniger Spielraum für Leitzinssenkungen der US-Notenbank bestehen. Die niedrigere Inflation würde durch ein stärkeres reales Wirtschaftswachstum aufgewogen.
Darüber hinaus werden noch die Industrieproduktion (Dienstag), der Philadelphia Fed Index (Donnerstag) und die Einkaufsmanagerindizes (Freitag) veröffentlicht.
Europa: Licht und Schatten
Grundsätzlich konnten bei den Europawahlen die pro-europäisch zentristischen Parteien ihre Mehrheit behaupten. Die Europäische Volkspartei (EVP) und die Progressive Allianz der Sozialdemokraten (S&D) bleiben starke Kräfte im Europaparlament, was als Zeichen für Kontinuität und Stabilität in der EU-Politik gewertet werden kann.
Gleichzeitig konnten aber auch die euroskeptischen und rechtspopulistischen Parteien deutliche Zugewinne verbuchen, wie die Europäische Konservative und Reformer (EKR) und Identität und Demokratie (ID). Diese Gruppen setzen sich für eine Renationalisierung der EU-Politik ein.
Vor allem in Frankreich und Deutschland waren die rechtspopulistischen Parteien erfolgreich, was in Frankreich nun Neuwahlen zur Folge hat. Bei den Neuwahlen könnte die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) von Marie Le Pen der große Gewinner werden. Damit könnte sie jede EU-Initiative wie eine gemeinsame Verteidigungspolitik blockieren. Eigene Gesetzesvorhaben könnte die RN jedoch nicht realisieren, da sie am Veto-Recht von Präsident Emmanuel Macron scheitern würden. Entscheidend für Frankreich und die EU sind daher erst die Präsidentschaftswahlen 2027.
Insgesamt droht also eher eine Blockade als ein Störfeuer durch die Neuwahlen in Frankreich. Somit sollte der Trend eines sich verbessernden Konsumentenvertrauens (Donnerstag) nicht gestört werden und sich fortsetzen können – die Reallöhne steigen, die Energiepreise sind stabil, der Arbeitsmarkt ist stark, weitere Krisen sind ausgeblieben etc. Dementsprechend ist mit einer Aufhellung der Konsumperspektiven in Europa zu rechnen.
In der Vergangenheit lieferte oft der Export den Impuls für einen Konjunkturaufschwung, aber dieses Mal ist es der Konsum – vor allem von Dienstleistungen. So dürfte der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor (Freitag) das erreichte hohe Niveau verteidigen, während die Industrie (Freitag) zunehmend vom Bremsklotz zu einem neutralen Wachstumsfaktor werden könnte. Eine Verbesserung des ZEW-Index (Dienstag) dürfte zudem die guten Konjunkturperspektiven untermauern.
China: Moderate Aufschwungstendenzen
Derzeit fällt es ungewöhnlich schwer, die Konjunkturdynamik in China einzuschätzen. Ohne Zweifel besteht immer noch die Krise am Immobilienmarkt. Es besteht ein Überhang an unbewohnten Immobilien, die Preise sind immer noch viel zu hoch und die privaten Haushalte scheinen anhaltend fallende Preise zu erwarten. Wahrscheinlich ist es noch zu früh, ein Ende der Krise auszurufen.
Dagegen läuft der Export sehr gut und weitere Exportkapazitäten werden aufgebaut. China hat jedoch schon jetzt immense Handelsbilanzüberschüsse bei Industriegütern. Industriefirmen bei den Handelspartnern kommen somit zunehmend unter erheblichen Wettbewerbsdruck und drohen pleite zu gehen. Daher verhängen immer mehr Handelspartner Schutzzölle auf chinesische Importe. Die Welt scheint in eine protektionistische Spirale geraten zu sein, die sich noch einmal durch die Wahl von Donald Trump verstärken könnte. Die Frage ist also, inwieweit der Export in Zukunft zum chinesischen Wirtschaftswachstum beitragen kann.
Ein riesiges Potenzial hat der Konsum, der aber seit der Pandemie sehr schwach ist. Die Konsumenten sind verunsichert und sparen viel. Die Gründe dafür sind die psychologischen Folgen der Coronapandemie, die Krise am Immobilienmarkt, der schwache Arbeitsmarkt etc. Inwieweit die Verunsicherung nachgelassen hat und sich der Konsum wieder verbessert, ist schwer einzuschätzen.
Ein weiterer Wachstumsfaktor waren die enormen staatlichen Infrastrukturausgaben. Die vergangenen hohen Investitionen in Immobilien und Infrastruktur bedeuten jedoch, dass in den kommenden Jahren sehr viel Geld in die Erhaltung der vielen Immobilien und der zu großen Infrastruktur investiert werden muss. Andernfalls würde ein Verfall drohen und die Ausgaben wären Verschwendung gewesen.
Die Konjunkturdaten wie Einzelhandelsumsätze, Industrieproduktion, Investitionen werden zeigen, wie sich die Konjunkturdynamik in China derzeit darstellt.
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