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Werbeinformation der Metzler Asset Management GmbH - 15.6.2023 - Edgar Walk

Update: Steht Japan vor einer goldenen Dekade?

Nach drei Jahrzehnten Stagnation kommt nun Bewegung in die japanische Wirtschaft: Die nominalen Ausgaben und die Löhne zeigen eine positive Dynamik. Gleichzeitig steigen die Unternehmensgewinne merklich, und noch ist die Bewertung des Aktienmarktes niedrig. Das ist offensichtlich auch Warren Buffet aufgefallen.

Die japanische Wirtschaft kommt in Fahrt

Oft bilden nominale volkswirtschaftliche Größen die wirtschaftliche Realität besser ab als die meist verwendeten realen Größen, da sich diese nur mithilfe statistisch konstruierter Preisindizes berechnen lassen. Ein gutes Beispiel dafür sind die japanischen nominalen Einzelhandelsumsätze, die die tatsächlich über die Ladentheke geflossenen Yen umfassen. Ein Blick darauf (Abb. 1) zeigt eindrücklich die lange Stagnation der japanischen Wirtschaft bis 2022. Einen ersten Hochpunkt der Einzelhandelsumsätze gab es schon 1992, der 1997 nur knapp übertroffen wurde, bevor es dann wieder abwärts ging. Es ist aber auch zu sehen, dass die Einzelhandelsumsätze im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreichten und seitdem kontinuierlich steigen. Die japanische Wirtschaft ist also in Bewegung gekommen.

Japan: Ende der langen Phase der Stagnation
Einzelhandelsumsätze in Billionen Japanische Yen

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand 30.4.2023

Auch am Arbeitsmarkt ist eine veränderte Dynamik zu beobachten. So verzeichneten Löhne zwischen 1996 und 2019 in der Tendenz eher Rückgänge als Steigerungen. Die Deflation der Konsumentenpreise über diesen Zeitraum hatte also auch eine leichte Deflation der Löhne zur Folge. Seit Beginn 2023 ist jedoch die Lohndynamik merklich angesprungen und erreichte Niveaus wie zuletzt 1997 (Abb. 2). Aufgrund der niedrigen Arbeitslosenquote bestehen gute Chancen, dass sich das Lohnwachstum sogar noch weiter beschleunigen könnte.

Japan: Signifikante Beschleunigung des Lohnwachstums
Löhne in % ggü. Vj.

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand 30.4.2023

Das Wirtschaftsumfeld in Japan scheint sich also grundlegend zu verändern – ablesbar unter anderem auch am sehr starken Wirtschaftswachstum im ersten Quartal. Das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP) verzeichnete eine Wachstumsrate von 3,9 Prozent zum Vorjahresquartal. Und Frühindikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes signalisieren anhaltende Aufschwungstendenzen. Nach einer langen Phase der Stagnation sowie vieler Strukturreformen und Restrukturierungen auf Unternehmensebene scheint Japan nun in eine neue Wachstumsphase einzutreten. Ein gutes Beispiel für eine solche Wachstumsphase, die sogar mehr als eine Dekade anhalten kann, ist Deutschland: Nach umfassenden Reformen und Restrukturierungen in den 2000er-Jahren brach 2009 die goldene Dekade des Wachstums an. Natürlich gibt es auch innerhalb einer solchen Phase konjunkturelle Schwankungen. Insofern könnten sich die derzeitigen Abschwungstendenzen in den USA und in Europa also auch auf Japan auswirken.  

Ist die hohe Verschuldung ein Risiko für japanische Aktien?

In Japan ist die Inflation zuletzt merklich gestiegen – die Kerninflation lag im Großraum Tokyo im Mai bei 3,9 Prozent. Doch kann sich Japan vor dem Hintergrund der hohen Verschuldung überhaupt höhere Zinsen leisten, um die Inflation adäquat zu bekämpfen?

Im vergangenen Jahr lag die Zinslast des japanischen Staates laut Berechnungen der OECD bei etwa 0,5 Prozent des BIP. Die Netto-Staatsverschuldung betrug im vergangenen Jahr etwa 135 Prozent des BIP – der japanische Staat hat traditionell ein großes Finanzvermögen wie die US-Dollar-Devisenreserven und somit eine deutlich geringere Netto-Verschuldung. Sollte also das Zinsniveau um 1,0 Prozentpunkte steigen, würde die Zinslast von 0,5 auf 1,85 Prozent des BIP zunehmen. In den 1980er-Jahren betrug die Zinslast auch schon etwa 2,0 Prozent des BIP.

Ein Blick in die USA zeigt, dass eine Zinslast bis etwa 4,0 Prozent des BIP unkritisch ist. Als in den USA Anfang der 1990er-Jahre die Zinslast aber auf über 5,0 Prozent des BIP stieg, wurde die hohe Verschuldung zunehmend ein politisches Thema. James Carville, der politische Berater von Bill Clinton, sagte damals: „Ich dachte immer, wenn es eine Reinkarnation gäbe, wollte ich als Präsident oder Papst oder als Baseballspieler zurückkommen. Aber jetzt würde ich gerne als Bondmarkt zurückkommen. Man kann jeden einschüchtern.“

Für Japan bedeutet dies, dass Spielraum für ein Zinsniveau von bis zu 3,0 Prozent besteht. In einem gewissen Rahmen sind also auch Leitzinserhöhungen in Japan möglich. Darüber hinaus zeigt die MMT (Modern Monetary Theory), dass es in Japan vielleicht sogar besser sein könnte, die hohe Inflation mit Steuererhöhungen zu bekämpfen, da sich so gleichzeitig die Schulden abbauen lassen. Steuererhöhungen entziehen einer Volkswirtschaft Kaufkraft und wirken daher disinflationär. 

Ausblick für japanische Aktien

Warren Buffett sagte in einem Interview mit der japanischen Wirtschaftszeitung Nikkei, dass er beabsichtige, seine Investitionen in japanische Aktien zu erhöhen, und dass er „sehr stolz“ auf seine Beteiligungen an den führenden Handelskonzernen des Landes sei. 

Offensichtlich ist die niedrige Bewertung japanischer Aktien ein Grund für Buffet, am japanischen Aktienmarkt auf Einkaufstour zu gehen. Ende Mai betrug das Kurs-Buchwert-Verhältnis japanischer Aktien nur etwa 1,3. In der Vergangenheit handelten japanische Aktien eher auf einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 2,0, was oft auch ein übliches Niveau für die Aktienmärkte anderer entwickelter Volkswirtschaften ist. Die Anleger sind also nach einer langen Durststrecke am japanischen Aktienmarkt immer noch skeptisch. Die „Governance“-Reformen in den vergangenen Jahren bedeuten jedoch, dass das Management japanischer Unternehmen nun einen größeren Fokus auf die Aktionäre legen muss. Es bestehen daher gute Chancen, dass japanische Unternehmen in der Zukunft strukturell eine höhere Profitabilität aufweisen werden und dass die Marktteilnehmer dies mit höheren Kursen belohnen.

Japan: Japanische Aktien handeln immer noch deutlich unter einem angemessenen Kurs-Buchwert-Verhältnis
MSCI Japan Kurs-Buchwert-Verhältnis

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand 31.5.2023

Der stärkere Fokus auf die Aktionäre ist schon jetzt an der gestiegenen Ausschüttungsrendite erkennbar. Die Ausschüttungsrendite ist die Summe aus Dividendenrendite und Aktienrückkaufrendite. Zwischen 1987 und 2001 lag die Ausschüttungsrendite nur zwischen 0,5 und 1,0 Prozent. Seitdem ist sie stetig gestiegen und erreichte im vergangenen Fiskaljahr immerhin einen Wert von 3,5 Prozent. Sie lag damit auch deutlich über der Rendite von Staatsanleihen von nur 0,5 Prozent. Aktien sind in Japan nach langer Zeit wieder zu einer echten Alternative zu Staatsanleihen geworden.

Japan: Merkliche Verbesserung der Ausschüttungsquote an Aktionäre
MSCI Japan Dividendenrendite plus Aktienrückkaufrendite in %

Quellen: Refinitiv Datastream, JP Morgan, Metzler; Stand 31.5.2023

Natürlich unterliegen Aktien Schwankungen. Auch haben japanische Aktien mit einer durchschnittlichen Volatilität seit 1970 von etwa 18 Prozent einen leicht höheren Wert als ihre Pendants in den USA und Europa mit etwa 15 Prozent. Das heißt, für japanische Aktien besteht nach der sehr guten Wertentwicklung seit Jahresanfang immer auch ein Rückschlagsrisiko. Für langfristig orientierte Anleger bietet sich jedoch ein gutes mittelfristiges Chance-Risiko-Verhältnis.

Edgar Walk
Edgar Walk

Chefvolkswirt , Metzler Asset Management

Edgar Walk arbeitet seit 2000 bei Metzler. Als Chefvolkswirt im Bereich Asset Management ist er für die volkswirtschaftlichen Prognosen verantwortlich. Aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit dem Portfoliomanagement liegt sein Fokus neben der volkswirtschaftlichen Analyse verstärkt auf Kapitalmarktthemen. Vor seiner Anstellung bei Metzler studierte Herr Walk in Tübingen Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Regionalstudien Ostasien und Japan. Zur Vertiefung seiner Studien verbrachte er ein Auslandssemester an der Doshisha-Universität in Kyoto (Japan). Am Institut für Weltwirtschaft in Kiel absolvierte er anschließend den Aufbaustudiengang „Advanced Studies in International Economic Policy Research“.

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