2025: Basisszenario: Belebung der Weltwirtschaft
Zwischen Dollar-Dominanz und Chancen für Europa
Das Jahr 2025 steht im Zeichen geopolitischer Verwerfungen und wirtschaftlicher Herausforderungen. Die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus am 20. Januar 2025 deutet auf eine wirtschaftspolitische Agenda, die sowohl Risiken als auch neue Optionen für die Weltwirtschaft schafft. Der US-Dollar, als das dominierende Instrument der globalen Finanzordnung, wird hierbei zu einem zentralen Element. Für Europa und Deutschland bieten sich jedoch Chancen. Entscheidend ist dabei die Frage, ob sich Reformen einleiten lassen und ob eine neue wirtschaftliche Dynamik angestoßen werden kann. Deutschland, dessen Wirtschaft in den vergangenen Jahren von Stagnation geprägt war, hat die Möglichkeit, mit gezielten Reformen und strukturellen Weichenstellungen zur Lokomotive des europäischen Aufschwungs zu werden. Insbesondere Mittelstandsunternehmen, die im MDAX vertreten sind, bieten unterschätzte Chancen für Anleger.
US-Dollar: Trump zwischen geopolitischer Macht und wirtschaftlicher Schwäche
Die Doppelrolle des US-Dollar als Weltreservewährung und geopolitisches Machtinstrument stellt Donald Trump vor ein wirtschaftspolitisches Dilemma. Auf der einen Seite sichert ein starker US-Dollar den USA politische Dominanz, da etwa 60 Prozent des weltweiten Handels und 70 Prozent aller Fremdwährungsschulden in US-Dollar denominiert sind. Dies garantiert den Vereinigten Staaten einen strukturellen Vorteil an den globalen Finanzmärkten. Zudem stärkt dies das US-Finanzsystem, ohne das sich der Welthandel nicht finanzieren lässt – weder die Handelstransaktionen noch die dafür notwendigen Schulden.
Auf der anderen Seite belastet genau diese US-Dollar-Stärke die Wettbewerbsfähigkeit der US-Industrie. Die realen, inflationsbereinigten Wechselkursdaten zeigen, dass der US-Dollar heute so stark ist wie zuletzt 1985, als der Plaza-Akkord zur gezielten Abwertung notwendig wurde. Als eine Folge der US-Dollar-Stärke stagniert die US-amerikanische Industrieproduktion seit 2005, während die globale Industrieproduktion in diesem Zeitraum über 50 Prozent gestiegen ist.
Trumps Versuch, die US-Handelsbilanzdefizite durch unilaterale Zölle zu reduzieren, scheiterte bereits in seiner ersten Amtszeit. Zwar erhöhten die USA die Zölle auf chinesische Importe um fast 18 Prozentpunkte, doch der chinesische Renminbi wertete im Gegenzug stark ab, sodass der Wettbewerbsvorteil verpuffte. Eine Zollerhöhung wirkt wie eine Abwertung des US-Dollar, da sie die Importe verteuert. Wenn aber der US-Dollar gleichzeitig am Devisenmarkt aufwertet, gleichen sich beide Effekte nahezu vollständig aus. Zudem verlagerten chinesische Produzenten ihre Fertigung in Drittländer wie Vietnam und Mexiko. Trumps Antwort auf diese Erfahrung scheint klar: Eine Ausweitung der Zölle auf alle US-Importe und die Androhung von Strafzöllen gegen die Europäische Union. Bereits seit der Wahl von Donald Trump lässt sich an den Devisenmärkten eine Aufwertung des US-Dollar beobachten, insofern dürfte der Effekt unilateraler Zollerhöhungen komplett verpuffen.
Sollte Trump versuchen, die Zölle anzuheben und gleichzeitig den US-Dollar zu schwächen, sodass tatsächlich eine Wettbewerbsverbesserung für die US-Industrie entsteht, droht eine erhebliche Beschleunigung der Inflation und in der Folge große Unzufriedenheit in der US-Bevölkerung. Ein schwächerer US-Dollar wäre nur mithilfe einer „zu“ lockeren Geldpolitik der US-Notenbank zu erzielen. Trump müsste dazu Einfluss auf die US-Notenbank ausüben. Dies würde ihm wahrscheinlich jedoch erst im Frühjahr 2026 möglich sein, wenn er einen neuen Zentralbankpräsidenten ernennt.
Ein Instrument für Trump, um den US-Dollar gezielt zu schwächen, könnte ein „Mar-a-Lago-Akkord“ sein, benannt nach Trumps Anwesen in Florida. Im Kern würde es sich um ein multilaterales Abkommen zwischen den USA, Europa und China handeln. China müsste sich verpflichten, den Renminbi kontrolliert aufzuwerten und seinen Binnenkonsum anzukurbeln. Europa könnte zusagen, seine Verteidigungsausgaben drastisch zu erhöhen, mehr Energie aus den USA zu importieren und durch gezielte Fiskalpolitik das Wachstum zu stimulieren. Im Gegenzug würden die USA ganz oder teilweise auf eine Erhöhung der Zölle verzichten. Für die USA würde dies die ideale Kombination schaffen: Ein schwächerer US-Dollar würde die Wettbewerbsfähigkeit der US-Industrie stärken, ohne die Notenbank Fed zu entmachten oder die Inflation massiv anzuheizen.
Ein neuer „Mar-a-Lago“-Akkord zur Schwächung des US-Dollar?
USA
Keine oder nur moderate Erhöhung der Zölle
China
Aufwertung der Währung plus großer Konsumstimulus im Inland
Europa
Erhöhung der Militärausgaben, mehr Energieimporte aus den USA und fiskalischer Stimulus
Europa muss in diesem Kontext kühl und strategisch agieren. Eine Eskalation des Handelskonflikts durch Gegenzölle wäre kontraproduktiv. Zwar würde ein stärkerer Euro europäische Exporte belasten, jedoch dürfte die Belebung der Weltwirtschaft und des Welthandels infolge eines schwächeren US-Dollar die negativen Wechselkurseffekte mehr als wettmachen. Per Saldo dürfte somit auch die deutsche Exportwirtschaft profitieren. Der US-Dollar-Wechselkurs bestimmt auch maßgeblich die Finanzierungsbedingungen in den Schwellenländern. Ein starker US-Dollar bedeutet sehr restriktive Finanzierungsbedingungen, da kaum noch US-Dollar-Fremdwährungskredite ausgereicht werden. Ein schwächerer US-Dollar würde dagegen für die Schwellenländer und den Welthandel sehr positive Impulse setzen, da dann wieder vermehrt US-Dollar-Kredite in die Schwellenländer fließen würden. Die extrem hohe Bewertung des US-Dollar spricht unseres Erachtens dafür, dass es 2025 politische Bestrebungen für eine Abwertung geben wird.
Europa: Investitionen und Reformen als Auswege aus der Krise
Europa steht wirtschaftlich vor einer Zeitenwende. Die Wachstumsprobleme der vergangenen Jahre resultieren aus strukturellen Schwächen, politischer Unsicherheit und der fehlenden Führung starker Kernstaaten wie Deutschland und Frankreich. Doch der Blick auf die wirtschaftlichen Fundamentaldaten zeigt ein differenziertes Bild. Der „Economist“ analysierte kürzlich die besten Volkswirtschaften des Jahres 2024 und kam zu einem überraschenden Ergebnis: Sieben der zehn erfolgreichsten OECD-Länder sind europäische Staaten, während die USA lediglich Platz 20 belegen. Deutschland belegte den Platz 23 – hat also noch großes Aufholpotenzial.
Für Deutschland ist dies ermutigend. Zwar stagnierte die deutsche Wirtschaft, doch der Arbeitsmarkt blieb bisher überraschend stabil, die Inflation ist niedrig und die Staatsverschuldung im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften gering. Hinzu kommt, dass die deutsche Industrie über ihre globalen Netzwerke weitgehend unabhängig von der inländischen Konjunktur agiert: 81,3 Prozent der Umsätze der im DAX gelisteten Unternehmen und 68,3 Prozent der MDAX-Umsätze werden im Ausland erzielt.
Sollte Deutschland nach den Neuwahlen im Februar 2025 den Mut für strukturelle Reformen aufbringen, könnte das Land zur Triebfeder des europäischen Aufschwungs werden:
- Fiskalische Impulse: Ein gezieltes Investitionsprogramm in Infrastruktur, Digitalisierung und Verteidigung.
- Reform der Verwaltung: Effizientere Planungs- und Genehmigungsverfahren zur Beschleunigung von Investitionen.
- Steuerliche Entlastungen: Eine Senkung der Unternehmenssteuern zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit.
Europa insgesamt könnte von der Kombination aus gezielten Investitionen und Reformen profitieren. Insbesondere die südlichen Staaten wie Spanien und Griechenland zeigen bereits, dass mutige Reformen Wachstum und Stabilität schaffen können.
Risiken: Vielschichtig und zahlreich
- Geopolitik: Der Konflikt zwischen Iran und Israel ist noch nicht beigelegt und könnte jederzeit wieder eskalieren und dann auch größere Auswirkungen auf den Ölmarkt haben. Darüber hinaus nahmen zuletzt auch die Spannungen zwischen China und Taiwan wieder zu und könnten weiter eskalieren. US-Präsident Donald Trump scheint ernsthafte Anstrengungen unternehmen zu wollen, den Krieg in der Ukraine zu beenden.
- Europa: In der EU gibt es erhebliche Risiken für ein Auseinanderbrechen des Zusammenhalts. Einerseits gewinnen zunehmend politische Strömungen an Gewicht, die sehr nationalistisch sind. Andererseits schaffen es viele Länder politisch nicht, die Staatsdefizite einzudämmen und die Staatsverschuldung zu stabilisieren.
- Zinsen: Es besteht das Risiko, dass die vergangenen Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank Fed mit einer längeren Verzögerung zu einer Konkurswelle bei hoch verschuldeten Unternehmen führen. Viele Unternehmen hatten sich noch zu günstigen Zinsen finanziert und müssen sich nun 2025 zu höheren Zinsen refinanzieren.
Wachstums- und Inflationsperspektiven: Basisszenario deutet auf Aufschwung
Trotz der Risiken erwarten wir in unserem Basisszenario einen Aufschwung der Weltwirtschaft. So bestehen gute Chancen auf ein anhaltend robustes Wachstum in den USA aufgrund des KI-Booms. In Europa sehen wir nach einer langen Durststrecke gute Chancen auf einen Aufschwung – dank der Leitzinssenkungen der EZB und eines politischen Neuanfangs in Deutschland. Und auch in China erwarten wir eine nennenswerte Wachstumsbelebung aufgrund größerer Stimulus-Maßnahmen der Regierung. Im Jahresverlauf dürfte dann noch eine US-Dollar-Schwäche das Wachstum der Schwellenländer und des Welthandels beleben.
In der Eurozone und in den USA wird die Inflation unserer Prognose nach sinken. In der Eurozone könnte sie sogar unter 2,0 Prozent fallen, während wir in den USA aufgrund der hohen Wachstumsdynamik nur einen geringen Inflationsrückgang erwarten.
Eurozone | USA | China | Weltweit | |||||||||
2024 | 25e | 26e | 2024 | 25e | 26e | 2024 | 25e | 26e | 2024 | 25e | 26e | |
Reales BIP | 0,8 | 1,5 | 1,5 | 2,7 | 2,4 | 2,3 | 4,8 | 5,1 | 5,1 | 3,2 | 3,5 | 3,5 |
Inflation | 2,4 | 1,9 | 2,2 | 2,9 | 2,5 | 2,8 | 0,4 | 0,5 | 1,0 | 5,8 | 4,2 | 4,5 |
- Globaler Wachstumsaufschwung
- Aufschwung in Europa 2025 möglich
- Erheblicher Rückgang der Inflation 2025
- Weniger Leitzinssenkungen der EZB 2025 als erwartet
Zentralbanken und Staatsanleihen: Weniger Zinssenkungen als erwartet
Das solide Wirtschaftswachstum in den USA gekoppelt mit einer hartnäckig etwas zu hohen Inflation bedeutet, dass wir mit keiner Leitzinssenkung der US-Notenbank in diesem Jahr mehr rechnen. Deutlich schlechter ist die Wirtschaftslage in der Eurozone zu Jahresanfang, daher rechnen wir hier noch mit drei Zinssenkungen im Januar, März und April.
Q3 2024 | Q4 2024 | Q1 2025 | Q2 2025 | Q3 2025 | Q4 2025 | |
---|---|---|---|---|---|---|
Deposit-Satz | 3,50 | 3,00 | 2,50 | 2,25 | 2,25 | 2,25 |
Federal Funds Rate | 4,85 | 4,35 | 4,35 | 4,35 | 4,35 | 4,35 |
GB Base Rate | 5,25 | 4,75 | 4,50 | 4,00 | 4,00 | 4,00 |
Japan Call Rate | 0,25 | 0,50 | 0,75 | 1,50 | 1,00 | 1,00 |
Die Finanzmärkte preisen dagegen noch etwa zwei Leitzinssenkungen in den USA und noch vier Leitzinssenkungen in der Eurozone ein. Da wir mit weniger Leitzinssenkungen als eingepreist rechnen, sehen wir dementsprechend keinen Spielraum für fallende Renditen 10-jähriger Staatsanleihen. In den USA erwarten wir die Rendite einer 10-jährigen Staatsanleihe zu Jahresende 2025 bei 4,5 Prozent und in Deutschland bei 2,5 Prozent.
Aktien: Chancen im MDAX und Mittelstand
Grundsätzlich ist die US-Börse sehr hoch bewertet, was die Kurschancen dämpft. Die internationalen Börsen außerhalb den USA sind dagegen in etwa fair bewertet und bieten mehr Chancen. Der Schwachpunkt der US-Börsen ist das extrem große Gewicht einiger weniger US-Technologiewerte. Sollten sich die Kurse dieser Werte nicht mehr gut entwickeln, würde dies den gesamten US-Aktienmarkt belasten. Gleichzeitig dürfte aber eine gute Konjunktur für ein Wachstum der Unternehmensgewinne sorgen und insgesamt für ein grundsätzlich positives Börsenumfeld weltweit sorgen.
Die deutsche Börse spiegelt die gedämpfte Stimmung in puncto Europa wider, doch gerade hier ergeben sich attraktive Chancen: Die Divergenz zwischen DAX und MDAX hat in den vergangenen Jahren extreme Ausmaße erreicht. Während der DAX von Anfang 2021 bis Ende 2024 um knapp 50 Prozent zulegen konnte, verlor der MDAX knapp 15 Prozent. Diese Entwicklung resultierte vor allem aus Sorgen vor steigenden Zinsen und Refinanzierungskosten für mittelständische Unternehmen.
Der MDAX hat jedoch bessere Wachstumsaussichten als der DAX
- Analysten prognostizieren ein Gewinnwachstum von 22,5 Prozent für MDAX-Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten.
- Die Bewertung des MDAX liegt deutlich unter dem historischen Durchschnitt.
- Mittelstandsunternehmen sind international ausgerichtet und profitieren überproportional von einer globalen Konjunkturerholung.
- Zudem zeigt die Erfahrung, dass der MDAX etwa sechs bis neun Monate nach der ersten EZB-Leitzinssenkung eine bessere Wertentwicklung als der DAX erzielt. Da die EZB im Juni 2024 erstmals die Zinsen gesenkt hat, dürfte der MDAX in den kommenden Monaten zur Aufholjagd ansetzen.
Fazit: Wendepunkt für Investoren
2025 bietet eine Gemengelage aus Risiken und Chancen. Die Rückkehr Trumps, die damit verbundene Frage nach der Rolle des US-Dollar und die geopolitischen Verwerfungen schaffen kurzfristig Unsicherheiten, bieten jedoch langfristig Potenziale. Es ist noch nicht abzuschätzen, welchen wirtschaftspolitischen Pfad US-Präsident Donald Trump einschlagen wird. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schätzen wir insgesamt als gut ein. Europa und Deutschland stehen vor der Möglichkeit, durch Reformen und gezielte Impulse neues Wachstum zu erzielen.
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