Vorsicht vor Klumpenrisiken im Depot
Wer langfristig in Aktien investiere, erläutert Michael Mayer, folge oft einer einfachen Grundidee: Er möchte sich weltweit an den Erfolgen des Unternehmertums beteiligen. Dieser Gedanke hat ETFs auf den MSCI World Index zu einem Verkaufsschlager gemacht. Und er hat sich gelohnt. In den letzten fünf Jahren lag die Rendite mit fast 13 Prozent weit über dem, was im Schnitt der letzten Jahrzehnte mit Aktien zu verdienen war. „Das ist ungewöhnlich und gibt Anlass, diese Strategie kritisch zu hinterfragen“, sagt Mayer.
Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist die Art und Weise, wie der MSCI World Index konstruiert ist. Die Gewichtung der rund 1400 Aktien im Index orientiert sich an der sogenannten Marktkapitalisierung. Erfolgreiche Firmen und Aktienmärkte erhalten so ein immer größeres Gewicht.
„Weil an den US-Börsen in diesem Jahr erneut ein Rekordhoch das nächste jagte, beläuft sich die gesamte Marktkapitalisierung dort mittlerweile auf über 60 Billion US-Dollar“, verdeutlicht Mayer und rechnet vor: „Der MSCI World Index besteht daher zu mehr als 70 Prozent aus US-Aktien. Und ein Großteil davon geht auf wenige Firmen zurück. Allein die sieben „glorreichen“ Unternehmen – Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet (Google), Meta (Facebook), Nvidia und Tesla – kommen in Summe auf einen Marktwert, der den vieler internationaler Börsen übersteigt und machen knapp 25 Prozent des MSCI World aus.“
„Mit anderen Worten: Wer den Weltindex erwirbt, investiert vor allem in US-Werte und ist extrem auf einzelne Titel konzentriert. Das hat mit der ursprünglichen Idee einer weltweiten Streuung nicht mehr viel zu tun“, erklärt Mayer.
Natürlich, analysiert Mayer, seien die hohen Börsenwerte dieser sehr innovativen US-Technologiefirmen keineswegs auf Sand gebaut. Denn sie basieren auf Unternehmensgewinnen, die zusammengenommen ebenfalls die der meisten Aktienmärkte übertrumpfen. Darüber hinaus würden viele der ohnehin schon einzigartigen Geschäftsmodelle von der Euphorie rund um das Thema Künstliche Intelligenz profitieren. Die Wachstumsaussichten scheinen demnach weiter glänzend.
„Trotzdem sollte das Risiko eines einseitig auf die USA fokussierten Portfolios nicht unterschätzt werden“, überlegt Mayer und erklärt: „Der nächste US-Präsident Donald Trump hat unter vielen Anlegern hohe Erwartungen geschürt. Seine politische Agenda steht aber nicht nur für marktfreundliche Steuersenkungen und Deregulierung, sondern auch und gerade für eine stark steigende US-Staatsverschuldung, eine sehr restriktive Einwanderungspolitik sowie weltweite Handelskonflikte durch Zollanhebungen.“
Im Ergebnis lassen die meisten seiner Vorhaben das Inflationsrisiko in den USA wieder deutlich steigen – und damit auch die zukünftig zu erwartenden Leitzinsniveaus. „Die Krux ist dabei: Sollten sich Anleiherenditen und Leitzinsen auf höheren Niveaus als bislang angenommen einpendeln, könnte das ausgerechnet die erfolgsverwöhnten und in vielen Portfolios so hoch gewichteten Wachstumsaktien aus den USA zu Kurs- und Bewertungskorrekturen zwingen.“
Viele Anleger nehmen das unbewusst in Kauf. „Sie sollten es aber zumindest bewusst tun und sich vorher klarmachen, ob ein Investment in klassische Benchmarks tatsächlich oder nur vermeintlich die erwünschte Diversifikation bringt“, rät Mayer. Auch die Kombination von Indizes gelte es zu hinterfragen: „Wer ETFs auf den MSCI World Index, den S&P 500, den Nasdaq oder einen Nachhaltigkeitsindex mischt, hat immer wieder dieselben Titel im Depot. Dadurch entstehen enorme Klumpenrisiken.“
„Unter ,Vermögenserhalt über Generationen‘ verstehen wir bei Metzler Private Banking, Portfoliorisiken sorgsam abzuwägen, um die von uns betreuten Vermögen bestmöglich zu schützen“, erläutert Michael Mayer und schließt: „Dazu gehört auch, sich nicht von Gewichtungsmethodiken großer Aktienindizes (ver)leiten zu lassen und nicht – wider besseren Wissens – Klumpenrisiken im Depot anzuhäufen.“
Auf dem Frankfurter Bankengipfel diskutierte Michael Mayer mit Experten anderer Bankhäuser, womit Anleger im Jahr 2025 rechnen müssen. Wie entwickeln sich Konjunktur, Inflation, Zins? Was bedeutet das für die Kapitalanlage?
Lesen Sie gerne die komplette Sonderveröffentlichung, die in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Süddeutschen Zeitung erschien.