Die kommende Woche könnte alles bieten: Eine Leitzinssenkung, eine Erhöhung und eine Zinspause
Drei Zentralbanken im Fokus
Nachdem schon die kanadische Zentralbank, die Schweizer Nationalbank und die EZB den Leitzins in dieser Woche senkten, stehen in der kommenden Woche nochmal drei wichtige Sitzungen an. Vor allem die Sitzungen der Bank von Japan und der Bank von England versprechen dabei spannend zu werden.
Den Auftakt wird am Mittwoch die US-Notenbank mit einer Leitzinssenkung von derzeit effektiv etwa 4,6 Prozent auf 4,35 Prozent machen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Inflations- und Arbeitsmarktentwicklung kann der Zinsschritt eigentlich nicht gut begründet werden. Mit Blick in die Zukunft und dem Risiko einer anhaltend steigenden Arbeitslosenquote ist der Schritt vertretbar. Danach sehen wir jedoch keine Notwendigkeit mehr für eine Leitzinssenkung.
Am Donnerstagvormittag europäischer Zeit folgt dann die Bank von Japan – voraussichtlich mit einer Leitzinserhöhung von 0,25 Prozent auf 0,5 Prozent. Es dürfte jedoch eine knappe Entscheidung werden. In den vergangenen Monaten war eine signifikant veränderte Lohndynamik zu beobachten. Von 1998 bis 2021 betrug das durchschnittliche Lohnwachstum -0,5 Prozent pro Jahr. Seitdem ist jedoch eine stetige Beschleunigung des Lohnwachstums zu beobachten – bis auf 2,6 Prozent im Oktober 2024. Japan scheint nunmehr gesichert die Deflation überwunden zu haben. Dementsprechend scheint sich auch die Inflation (Freitag) auf einen Wert von etwas über 2,0 Prozent eingependelt zu haben. Darüber hinaus war zuletzt auch eine signifikante Verbesserung der Konjunkturfrühindikatoren zu beobachten.
Zuletzt kommt dann die Bank von England am Donnerstagnachmittag. Gute Konjunkturdaten und eine Kerninflation von über 3,0 Prozent sind keine Basis für eine Leitzinssenkung – vom aktuellen Leitzinsniveau von 4,75 Prozent.
Die Gegenläufigkeit der Zinspolitik zwischen Japan und den USA ist eigentlich sehr interessant und sollte den Wechselkurs des japanischen Yen gegenüber dem US-Dollar beflügeln. Diese Zinsschritte sind jedoch schon weitestgehend eingepreist: Wobei die Finanzmärkte derzeit den Zinsschritt der Bank von Japan eher im Januar als schon im Dezember sehen. Grundsätzlich dürfte aber ein Zinsschritt einen Monat früher oder später keine größeren Auswirkungen mehr auf die Finanzmärkte haben, da er weitestgehend schon erwartet wird.
Die Unsicherheit ist Gift für die Konjunktur der Eurozone
Die Wahl von Donald Trump zum 47. Präsidenten der USA wird Auswirkungen auf Europa haben, da er schon im Vorfeld einen Zollkrieg mit Europa in Aussicht gestellt hat. Bisher ist jedoch noch unsicher, was konkret Donald Trump plant. Interessanterweise hat aber allein schon diese Unsicherheit einen negativen Effekt auf die europäische Wirtschaft. Sie könnte der Grund dafür sein, dass die Einkaufsmanagerindizes (Montag), der ZEW-Index sowie der ifo-Index (jeweils Dienstag) im Dezember erneut gefallen sein dürften. Die Stimmung ist derzeit unglaublich schlecht.
Interessanterweise zeigen Studien jedoch, dass der negative Effekt einer hohen Unsicherheit meistens nur von kurzer Dauer ist. Oft reicht es für einen Rückgang der Unsicherheit schon, einfach zu wissen, wie es weitergeht und dass es weitergeht. Sollten die USA und Europa im Handelsstreit sogar eine Verhandlungslösung im nächsten Jahr finden, dürfte die Unsicherheit schnell nachlassen und in einen positiven Stimmungsumschwung münden. Ein sehr positiver Wachstumsimpuls wäre die Folge.
Darüber hinaus ist damit zu rechnen, dass Europa die Militärausgaben deutlich erhöhen und Deutschland einen größeren fiskalischen Stimulus unter einer neuen Regierung auf den Weg bringen wird. Es ist derzeit deutlich erkennbar, dass der Widerstand gegen eine Reform der deutschen Schuldenbremse zunehmend nachlässt. Auch davon würde ein positiver Wachstumsimpuls ausgehen.
Die US-Wirtschaft mit anhaltender Stärke
Die US-Wirtschaft zeigt sich derzeit stabil. Damit der Konjunkturausblick positiv bleibt, wäre es wichtig, dass der frühzyklische Wohnimmobilienmarkt positiv auf die Leitzinssenkungen der US-Notenbank reagiert: Geschäftsklimaindex der Bauindustrie NAHB (Dienstag), Neubaubeginne und -anträge (Mittwoch) sowie Umsätze bestehender Wohnimmobilien (Donnerstag).
Dieser Konjunkturzyklus ist ungewöhnlich, da er mit einer negativen realen Kreditwachstumsrate einherging. Der Rückgang der realen Kreditwachstumsrate von 6,5 Prozent im zweiten Quartal 2020 bis auf -1,1 Prozent im zweiten Quartal 2022 war ein erheblicher negativer Kreditimpuls, der in der Vergangenheit oft eine Rezession verursachte. In diesem Zyklus verhinderten jedoch die merklich steigenden Staatsausgaben und die Impulse des technologischen Wandels einen Abschwung. Im Endeffekt verzeichnete die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes eine Beschleunigung und überkompensierte somit die negativen Effekte des Kreditimpulses.
Die Leitzinssenkungen der US-Notenbank könnten somit eine Belebung der Kreditvergabe von sehr niedrigem Niveau bewirken und damit den Aufschwung noch für mehrere Jahre tragfähig machen. Dementsprechend ist eine stabile konjunkturelle Lage zu beobachten, wie die Einzelhandelsumsätze zeigen dürften.
Es darf aber durchaus die Frage gestellt werden, ob eine Trendwende des Kreditimpulses nicht die Konjunktur zu stark anschiebt und daraus Inflationsrisiken entstehen. So könnte der Konsumentenpreisdeflator ohne Energie und Lebensmittel (Freitag) im November auf 2,9 Prozent gestiegen sein und sich damit noch weiter vom Inflationsziel der US-Notenbank entfernt haben.
Ein Trauerspiel in den USA ist die Industrieproduktion (Dienstag), die schon seit 2005 stagniert. Der reale handelsgewichtete US-Dollar-Wechselkurs hat dabei schon wieder Niveaus wie zuletzt 1985 erreicht. Die US-Industrie ist bei diesem Wechselkursniveau nicht wettbewerbsfähig und benötigt erhebliche Subventionen.
China: Anhaltende Konsumkrise und Deflation
Die Konsumentenpreise verzeichneten im November einen Rückgang von -0,6 Prozent zum Vormonat. Damit verschärften sich die deflationären Tendenzen in China, die auf eine erhebliche Konsumschwäche zurückzuführen sind, wie die Einzelhandelsumsätze (Montag) belegen dürften. Der Anteil des Konsums am BIP liegt in China schon unter 40 Prozent. Normal sind Werte von 60 bis 80 Prozent.
Die chinesische Regierung versucht bisher erfolglos dagegen zu steuern. Unter anderem versucht sie die Aktienkurse zu befeuern, um damit eine Stimmungsverbesserung bei den Konsumenten zu erzielen. Ein Blick nach Japan zeigt aber, dass während einer Deflation die Unternehmensgewinne kaum wachsen und damit der Aktienmarkt strukturell belastet ist. Mittelfristig entspricht die Kursentwicklung am Aktienmarkt der Entwicklung der Unternehmensgewinne, da das Kurs-Gewinn-Verhältnis in der Regel um einen Mittelwert schwankt.
Natürlich gibt es auch immer wieder positive zyklische Phasen mit steigenden Unternehmensgewinnen und Kursen, die aber unter einer Deflation nie dauerhaft sind. Die chinesische Regierung sollte sich daher darauf fokussieren, dauerhaft die Konsumquote auf normale Niveaus zu bringen. Dann wird auch der Aktienmarkt wieder eine strukturell positive Entwicklung verzeichnen.
Gleichzeitig bleibt der Export ein Wachstumsmotor, der die Industrieproduktion (Montag) antreibt. Die Deflation in Kombination mit einer eher schwachen Währung sorgt für eine starke Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Exporte.
Wir sehen gute Chancen für einen großen Stimulus des Konsums in China 2025 – vielleicht auch als Bestandteil von Verhandlungen mit den USA – und damit einen positiven Wachstumsimpuls für die Weltwirtschaft.
Frohe Weihnachten und alles Gute für 2025 wünscht
Edgar Walk
Chefvolkswirt Metzler Asset Management
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