Ausblick auf das 3. Quartal: Dünne Luft an den Aktienmärkten, Staatsschulden belasten Rentenmärkte
Rentenmärkte: Gedämpfte Aussichten für Staatsanleihen
Während die internationalen Aktienmärkte zwei positive Quartale in Folge verzeichnen konnten, zeigten die Anleihemärkte das gegenteilige Bild. Nachdem schon im ersten Quartal Verluste vorherrschten, endete auch das zweite Quartal im Minus. So verzeichnete der Index von Staatsanleihen aus der Eurozone von ICE BofA einen Verlust von 1,3 Prozent. Für europäische Unternehmensanleihen mit einem Investmentgrade-Rating stand dagegen eine schwarze Null auf dem Zettel. Seit Jahresanfang erzielten sie ein Plus von 0,5 Prozent. Europäische High-Yield-Anleihen entwickelten sich mit 1,5 Prozent sogar positiv im zweiten Quartal; seit Jahresanfang verbuchten sie ein Plus von 3,1 Prozent – jeweils laut ICE BofA Indizes. Unternehmensanleihen profitierten dabei vom höheren Renditeniveau aufgrund des Risikospreads und von einer gewissen Einengung der Spreads.
Grundsätzlich belasteten eine hartnäckig hohe Inflation und in der Summe gute Konjunkturdaten die Staatsanleihemärkte, da im Verlauf des ersten Halbjahres deutlich weniger Leitzinssenkungen der großen Zentralbanken als eine Reaktion darauf eingepreist wurden. Auch wir haben unsere Prognose für die Europäische Zentralbank (EZB) angepasst. Wir erwarten nur noch zwei Zinsschritte bis Jahresende und lediglich einen weiteren Zinsschritt im nächsten Jahr. Der EZB-Leitzins dürfte sich mittelfristig bei etwa 3,0 Prozent einpendeln.
Die Weltwirtschaft wächst nur noch moderat, und die Inflation fällt in der Tendenz. Grundsätzlich also kein schlechtes Umfeld für Staatsanleihen. Aber die Renditestrukturkurve ist immer noch invers. Das heißt, wenn die Renditen nicht fallen, werden langlaufende Staatsanleihen eine schlechtere Wertentwicklung als kurzlaufende Staatsanleihen verzeichnen. Das dürfte die Nachfrage nach langlaufenden Staatsanleihen dämpfen.
Hinzu kommen noch die Risiken aufgrund der hohen Staatsverschuldung und der hohen Defizite in einzelnen Ländern wie den USA, Frankreich und Italien. Jederzeit könnte es zu einem Käuferstreik in einem dieser Länder kommen und damit zu Turbulenzen am Staatsanleihemarkt.
In den USA würde sehr wahrscheinlich die US-Notenbank intervenieren und damit eine US-Dollar-Schwäche in Kauf nehmen. Gegen Frankreich und Italien hat die EU-Kommission Defizitverfahren eröffnet. Das bedeutet, dass die EZB keine Staatsanleihen der beiden Länder kaufen darf. Erst wenn die Länder Maßnahmen ergreifen, um das Defizit zu bekämpfen – beispielsweise durch staatliche Sparprogramme – könnte die EZB wieder die Staatsanleihen in Italien oder Frankreich kaufen. Das zweite Halbjahr verspricht auch vor dem Hintergrund der Wahlen in den USA turbulent zu werden.
Aktienmärkte: Größere Kursverluste wenig wahrscheinlich
Die Kurse an den internationalen Aktienmärkten setzten auch im zweiten Quartal den positiven Aufwärtstrend des Vorquartals fort. Der MSCI Europe verzeichnete einen Zuwachs von 1,2 Prozent, der MSCI Welt von 3,2 Prozent und der MSCI Schwellenländerindex von 6,3 Prozent – jeweils in lokaler Währung. Die Aktienmärkte profitierten dabei von einem anhaltend soliden Gewinnwachstum der Unternehmen. Auch scheint der Boom der künstlichen Intelligenz immer weitere Kreise zu ziehen. So wurden Datenzentren, die Stromproduktion und die Stromverteilung als neue Wachstumsbranchen identifiziert. Auch beeinflussten die höheren Renditen von Staatsanleihen die Bewertung der Aktienmärkte nicht nennenswert negativ. In den USA war sogar ein Anstieg der Bewertung zu beobachten. Der negative Effekt der höheren Renditen von Staatsanleihen wurde durch den positiven Effekt höhere zukünftige Gewinnwachstumsannahmen mehr als ausgeglichen.
Die Luft an den internationalen Aktienmärkten wird zunehmend dünner. Die Erwartungen an das Wachstum der Unternehmensgewinne sind erheblich gestiegen und sind nunmehr sehr hoch. Es dürfte für die Unternehmen zunehmend schwieriger werden, diese hohen Erwartungen zu erfüllen. Zumal die Weltwirtschaft nur moderat wächst und die Inflationsraten tendenziell fallen, was weniger Preiserhöhungsspielraum für die Unternehmen bedeutet. Auch sind die Bewertungen an den Aktienmärkten wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis zuletzt deutlich gestiegen und haben gerade in den USA sehr hohe Niveaus erreicht.
In der Regel kommt es in wirtschaftlichen Krisenzeiten oder in Rezessionen zu großen Kursverlusten an den Aktienmärkten. Derzeit sieht es weder in den USA noch in Europa nach einer Rezession aus, sodass die Unternehmensgewinne weiter moderat steigen könnten. Auch scheinen die Bilanzen der Unternehmen und der privaten Haushalte auf beiden Seiten des Atlantiks mehrheitlich in einem guten Zustand zu sein. Das spricht gegen größere Kursverluste im dritten Quartal. Aber natürlich können jederzeit geopolitische Risiken und andere Risiken eintreten, die vor dem Hintergrund der hohen Bewertung auch größere Kurseffekte haben könnten.
Konjunktur Eurozone: Neuwahlen in Frankreich trüben die Stimmung, aber Aufschwung bleibt intakt
In der Eurozone war im zweiten Quartal eine erfreuliche Verbesserung der Konjunkturdaten zu beobachten. Die Einkaufsmanagerindizes stiegen bis Mai merklich und das Konsumentenvertrauen verbesserte sich stetig. Die Gründe dafür waren, dass die Reallöhne erfreuliche Zuwächse zeigten, die Energiepreise sich normalisierten und der Arbeitsmarkt stark blieb. Auch gab es beim Kreditzyklus erste Anzeichen für eine Belebung. Offensichtlich hat sich ein gewisser Gewöhnungseffekt an die höheren Leitzinsen eingestellt.
Im Juni erlitten die Geschäftsklimaindizes jedoch einen empfindlichen Rücksetzer aufgrund der angekündigten Neuwahlen in Frankreich – verbunden mit der Befürchtung, dass die radikale, anti-europäische Partie von Marie LePen in Frankreich die neue Regierung bilden könnte. Somit stellt sich die Frage, ob die politischen Entwicklungen in Frankreich den Aufschwung in der Eurozone aus der Bahn werfen könnten. Derzeit gehen wir nur von einer Stimmungseintrübung aus, die kaum Auswirkungen auf die Wirtschaft haben wird und sehen daher den Aufschwung als intakt an.
Es besteht jedoch das Risiko, dass die politischen Entwicklungen in Frankreich den französischen Staatsanleihemarkt erfassen und dort zu merklich steigenden Renditen beitragen. Da sich Frankreich derzeit in einem EU-Defizitverfahren befindet, könnte die Europäische Zentralbank (EZB) voraussichtlich nicht im Rahmen des TPI französische Staatsanleihen kaufen, um die Lage wieder zu beruhigen. Erst staatliche Sparmaßnahmen und eine Rückkehr zu den EU-Regeln würden es der EZB ermöglichen, französische Staatsanleihen zu kaufen.
Gleichzeitig bleib die Kerninflation hartnäckig hoch. Im Juni betrug sie immer noch 2,9 Prozent und lag damit deutlich über dem Inflationsziel der EZB. Der Grund dafür war eine anhaltend hohe Preisdynamik im Dienstleistungssektor, die überwiegend auf die hohe Lohndynamik in diesem Sektor zurückzuführen ist. Derzeit zeigen Frühindikatoren, dass sich die Lohndynamik in der Eurozone in den kommenden Monaten abschwächen sollte und damit auch die Inflation im Dienstleistungssektor an Schwung verlieren könnte. Vor diesem Hintergrund erwarten wir immer noch zwei Leitzinssenkungen der EZB in diesem Jahr – im September und im Dezember. Es besteht jedoch das Risiko, dass die EZB aufgrund einer ungünstigen Inflationsdynamik im September den Leitzins nicht senken kann. Darüber hinaus haben unsere Analysen gezeigt, dass der neutrale Leitzins in der Eurozone seit der Pandemie auf 3,0 Prozent gestiegen sein könnte. Vor diesem Hintergrund erwarten wir auch nur noch eine Leitzinssenkung der EZB im März 2025.
Konjunktur USA: Trotz schwächer wachsender Wirtschaft dürfte Inflation im Fokus der Fed liegen
Die US-Wirtschaft zeigte gegen Quartalsende erste Schwächetendenzen – ablesbar unter anderem an dem „Citigroup Surprise Index“, der ab Anfang Mai deutlich in den negativen Bereich abglitt und damit anhaltend enttäuschte Erwartungen bei den veröffentlichten Konjunkturdaten signalisierte.
Ein Beispiel dafür sind die Einzelhandelsumsätze, die im Mai sogar unter das Niveau von Dezember 2023 fielen und damit seit Jahresanfang gesunken sind. Es mehren sich die Anzeichen, dass viele Konsumenten mit niedrigem Einkommen ihren Konsum deutlich reduzieren müssen. So haben sie erstens ihre in der Pandemie aufgebauten hohen Ersparnisse aufgebraucht. Zweitens schwächten sich der Arbeitsmarkt und das Lohnwachstum zuletzt etwas ab. Und drittens belasten zunehmend die hohen Zinsen die Schuldentragfähigkeit, wie die steigenden Kreditausfallraten für Konsumenten- und Autokredite zeigen.
Konsumenten mit mittlerem und hohem Einkommen sind jedoch davon nicht betroffen. Sie konsumieren aber überwiegend Dienstleistungen, sodass der nur schleppende Konsum von Gütern (Einzelhandelsumsätze) als Konjunkturrisiko nicht überbewertet werden sollte. Laut einer Umfrage der Nationwide Travel Insurance planen nämlich 91 Prozent der befragten Konsumenten in diesem Jahr eine Reise im Inland und sogar 50 Prozent der befragten Konsumenten eine internationale Reise – deutlich höhere Werte als noch im vergangenen Jahr.
Grundsätzlich sehen wir aber, dass die hohen Zinsen zunehmend die Wirtschaftsaktivität bremsen und erwarten daher, dass die US-Wirtschaft ein langsameres Wachstumstempo einschlagen wird. Unsere Wachstumsprognosen liegen somit wenig überraschend mit einem Wert von 2,0 Prozent in diesem Jahr und von 1,4 Prozent im Jahr 2025 unter dem Bloomberg-Konsensus. Gleichzeitig zeichnet sich jedoch ab, dass die Inflation hartnäckig über dem Inflationsziel der US-Notenbank verharren könnte. Unserer Einschätzung nach wird die US-Notenbank den Fokus eher auf die Inflation legen als auf die Wachstumsabschwächung. Dementsprechend erwarten wir nur noch zwei Leitzinssenkungen in diesem Jahr: im September und Dezember.
Konjunktur Asien: Weiterhin lockere Geldpolitik in Japan und kein Ende der Immobilienkrise in China
Die japanische Zentralbank scheint trotz einer Inflationsrate von über 2,0 Prozent nur homöopathisch dosiert von ihrer ultralockeren Geldpolitik abkehren zu wollen. So kündigte sie auf ihrer Sitzung im Juni zwar an, in Zukunft weniger Staatsanleihen kaufen zu wollen. Dennoch gab es keine Signale, dass bald auch Leitzinserhöhungen folgen werden. Ein Resultat ist eine kontinuierliche Abwertung des japanischen Wechselkurses an den Devisenmärkten. Die japanische Zentralbank geht damit ein großes Risiko ein, da bei einem ungebrochenen Abwärtstrend der Währung die eigene Bevölkerung das Vertrauen in die zukünftige Geldwertstabilität verlieren könnte. Bei einem Vertrauensverlust würden die Sparer mit ihren Ersparnissen in Sachwerte fliehen oder ihr Geld im Ausland in Sicherheit bringen. Es könnte dann zu einer hohen Inflation kommen, aufgrund sich selbsterfüllender Erwartungen. Vor diesem Hintergrund wäre es ratsam, den Leitzins baldmöglichst anzuheben, um den japanischen Yen an den Devisenmärkten zu stabilisieren. Zumal die makroökonomischen Vorteile der schwachen Währung begrenzt zu sein scheinen. Die OECD schätzt, dass der Außenhandel nur einen Beitrag von 0,35 Prozentpunkten in diesem Jahr zum Gesamtwachstum liefern wird.
Die chinesische Wirtschaft verzeichnete im ersten Quartal ein starkes BIP-Wachstum von 1,6 Prozent zum Vorquartal und übertraf damit leicht den Konsensus – angetrieben durch eine Erholung der Industrieproduktion und steigender Exporte. Im zweiten Quartal rechnet der Konsensus laut Bloomberg jedoch mit einem langsameren Wachstum von 0,9 Prozent zum Vorquartal. Für ein Ende der Krise am Immobilienmarkt gab es jedoch noch keine Anzeichen, das Risiko für die Wachstumsperspektiven dürfte somit auf absehbare Zeit bestehen bleiben. Die chinesische Regierung scheint vor dem Hintergrund der großen Bedeutung des Immobilienmarktes Maßnahmen zu ergreifen, um ihn wieder zu stabilisieren. So ist geplant, bestehende leere Wohnungen in einem Umfang von etwa einer Billionen USD zu kaufen und daraus bezahlbaren Wohnraum zu machen. Es lässt sich jedoch vor dem Hintergrund des hohen Volumens an unverkauften Wohnungen schwer einschätzen, inwieweit das ausreicht und tatsächlich einen erkennbaren Einfluss auf den Immobilienmarkt hat. Die anhaltende Schwäche am Immobilienmarkt belastet das Konsumentenvertrauen und damit die Konsumneigung. Es stellt sich jedoch die Frage, ob es nicht besser wäre, die sozialen Sicherungssysteme auszubauen. Dann müssten die privaten Haushalte weniger Eigenvorsorge betreiben und könnten einen größeren Teil ihres Einkommens für den Konsum nutzen.
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