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CIO:view | Investment Summary - 15.10.2024

Nach den Kursturbulenzen blicken wir wieder zuversichtlicher in die Zukunft

Das vergangene Quartal war von erheblichen Marktschwankungen geprägt. Am fünften August verzeichnete der japanische Aktienmarkt den stärksten Einbruch seit dem Börsencrash von 1987. Auch weltweit gerieten die Aktienindizes unter Druck. So verlor der MSCI World Index innerhalb von drei Tagen nahezu 8 Prozent.

Aktienmarktkorrektur und Gegenbewegung
Aktienmarktindizes (indexiert, 31.12.2023 = 100) und implizite Volatilität
CIO:view 4. Quartal 2024 - Investment Summary Chart 1 - Aktienmarktkorrektur und Gegenbewegung
Quellen: MSCI, CBOE, Metzler

Stand 30.9.2024

Gleichzeitig verdoppelten sich die Kursschwankungen, gemessen am US-Volatilitätsindex VIX, innerhalb weniger Tage. In diesem Umfeld waren ausfallsichere Staatsanleihen als sicherer Hafen gefragt, was zu einem deutlichen Renditerückgang führte.

Grund für die Kursausschläge waren schwache US-Wirtschaftsdaten für das verarbeitende Gewerbe und den Arbeitsmarkt. Beide Faktoren nährten Befürchtungen vor einer Rezession in der weltweit wichtigsten Volkswirtschaft. Zusätzlich führten Spekulationen auf nun kräftigere US-Zinssenkungen und eine Zinserhöhung der japanischen Zentralbank zur abrupten Auflösung von Zinsdifferenzgeschäften, bei denen sich Anleger günstig in Yen verschulden, um das Geld mit höherer Rendite in US-Dollar anzulegen. Dies hatte zur Folge, dass der Yen gegenüber dem US-Dollar deutlich an Wert gewann.

Soft-Landing-Szenario führt zu rascher Erholung

Die Turbulenzen an den Märkten waren jedoch nur von kurzer Dauer. Eine überraschend positive Bilanzsaison zum zweiten Quartal ließ die Konjunktursorgen in den Hintergrund treten. Besonders der Dienstleistungssektor erwies sich einmal mehr als wichtige Wachstumsstütze. Inzwischen gilt den Marktteilnehmern ein sogenanntes „Soft-Landing“ der US-Wirtschaft als wahrscheinlichstes Szenario. Gerechnet wird also mit einem verlangsamten Wirtschaftswachstum, das nicht in negativen Wachstumsraten endet. Wir teilen diese Einschätzung im Grundsatz, gehen jedoch von einer wirtschaftlichen Dynamik aus, die leicht schwächer ausfallen dürfte als der allgemeine Konsens.Die Diskussion über die weitere Konjunkturentwicklung haben das bisher dominierende Thema Inflation inzwischen verdrängt. Dabei ist die Entwicklung bei den Preissteigerungen erfreulich, denn der Preisdruck verlangsamt sich weltweit. In der Eurozone sollte die nachlassende Lohndynamik das EZB-Inflationsziel von 2 Prozent im kommenden Jahr in greifbare Nähe rücken lassen. Der Spielraum für eine weitere Lockerung der Geldpolitik dürfte also gegeben sein und wir gehen inzwischen davon aus, dass die Europäische Zentralbank die Leitzinsen in mehreren Schritten bis zum Jahresende auf 3,15 Prozent senkt. In den USA hat der Zinssenkungszyklus wie von uns erwartet mit einem großen Zinsschritt von 50 Basispunkten begonnen und die US-Notenbank hat deutlich gemacht, dass sie sich mehr um den abkühlenden Arbeitsmarkt als um potenzielle Inflationsrisiken sorgt.

Ein neuer Zinssenkungszyklus hat begonnen
Refinanzierungsraten der EZB und FED (in %)
CIO:view 4. Quartal 2024 - Investment Summary Chart 2 - Ein neuer Zinssenkungszyklus hat begonnen
Quellen: EZB, Federal Reserve, Metzler

Stand: 30.9.2024

Wir rechnen kurzfristig mit weiteren Zinssenkungen, wenn sich der Trend zu sinkenden Teuerungs- und Wachstumsraten beschleunigt. Die Schwächephase des US-Dollar dürfte vor diesem Hintergrund andauern.   

Aktienmärkte: Marktbreite nimmt zu

Die Perspektive sinkender US-Leitzinsen und einer sanften Landung der US-Wirtschaft sollte die Aktienmärkte nach den jüngsten Schwankungen grundsätzlich stützen. In Summe betrachtet zeigen unsere Analysen allerdings ein uneinheitliches Bild, weshalb wir von einem deutlicheren Aufbau unserer Aktienpositionen absehen. Kurzfristige Schwächephasen sind im derzeitigen Marktumfeld zwar möglich, wir erwarten aber keine Umkehr des langfristigen Aufwärtstrends. Kleinere Rücksetzer betrachten wir daher als Kaufgelegenheit. Positiv für Aktien stimmt uns, dass die von uns erwartete Bewertungskorrektur hochkapitalisierter Einzelwerte inzwischen eingetreten ist, der breite Markt aber zuletzt relative Stärke gezeigt hat. Im Zuge dieser gesunden Marktrotation favorisieren wir aktuell zum Beispiel Sektoren, die einen höheren Fremdkapitalbedarf aufweisen. Diese Sektoren dürften von den Zinssenkungen besonders profitieren. Dazu zählen viele zyklische Unternehmen, die wir derzeit – insbesondere im Vergleich zu defensiven Sektoren – als attraktiv bewertet einstufen. Viele an der Börse bisher vernachlässigte klassische Industriewerte sollten zudem von steigenden Investitionen in Kapitalgüter profitieren. Im Technologiesektor bleiben wir moderat übergewichtet und setzen weiterhin auf strukturelle Wachstumstrends wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz oder Cloud Computing. 

US-Präsidentschaftswahl rückt in den Fokus

In den kommenden Wochen werden die Finanzmärkte ihre Aufmerksamkeit verstärkt auf die entscheidende Etappe des US-Präsidentschaftswahlkampfs richten. Dabei raten wir dazu, die Anlagestrategie nicht übermäßig vom Wahlausgang abhängig zu machen. Denn historisch gesehen war der Einfluss von US-Wahlen auf die langfristige Marktentwicklung gering. Bedeutender für die Märkte sind die Geldpolitik, die Entwicklung der Unternehmensgewinne aber auch externe Schocks – Faktoren also, die nicht im unmittelbaren Einflussbereich der Politik liegen. Kurzfristig kann auch die Fiskalpolitik die Märkte beeinflussen, der Gestaltungsspielraum von Donald Trump oder Kamala Harris hängt jedoch stark davon ab, ob auch eine Mehrheit im US-Kongress erreicht wird. Gerade in der Gesetzgebung sind die Handlungsmöglichkeiten ansonsten stark eingeschränkt. Dass dies nicht gelingt und das zukünftige US-Staatsoberhaupt zur parteiübergreifenden Zusammenarbeit gezwungen ist, halten wir für das wahrscheinlichste Szenario.

Sollte Trump Präsident werden und die Republikaner die Kongresswahlen gewinnen, dürften die Aktienmärkte auf eine Umsetzung der Trump’schen Pläne für Steuersenkungen und Deregulierung kurzfristig positiv regieren. Mittelfristig aber sollten sich ein wachsender Protektionismus, Zollerhöhungen und die Begrenzung der Zuwanderung wachstumsdämpfend und damit belastend auswirken. In der Umwelt- und Klimapolitik dürfte ein Wahlsieg Donald Trumps einen Kurswechsel bedeuten. Dabei rechnen wir mit einem Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen, nicht aber mit einer umfassenden Rückabwicklung des Inflation Reduction Act. Ähnlich wie nach der Wahl 2016 dürfte es kurzfristig zu Kursverlusten bei Unternehmen aus den Bereichen erneuerbare Energien und Clean Tech kommen.    

Mit Blick auf die Anleihemärkte sorgen sowohl die fiskalpolitischen Pläne von Demokraten als auch diejenigen der Republikaner für Unbehagen. Trotz einer immer höheren Staatsverschuldung und steigender Defizitquoten – für 2024 schätzt das Congressional Budget Office die US-Verschuldung auf 5,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes – gehen wir aber nicht von einem strukturellen Staatsschulden-induzierten Anstieg der Renditen aus. Auch die einzigartige Stellung des US-Dollars als globale Reservewährung sehen wir nicht gefährdet.

Aktuelle Positionierung

In unseren aktiv-diskretionär verwalteten Multi-Asset-Portfolios haben wir die eher defensive Positionierung im Vergleich zum Vorquartal nur geringfügig verändert. Die zuvor taktisch erhöhte Staatsanleihenquote haben wir nach den Kursgewinnen am Rentenmarkt wieder auf ein neutrales Niveau zurückgeführt. Hier erwarten wir keine Fortsetzung des starken Renditerückgangs. Die reduzierte Aktienquote haben wir im Gegenzug aufgestockt und dies auch über den Einsatz vorhandener Bar-mittel finanziert. Bei Unternehmensanleihen liegt der Fokus auf Anleihen hoher Qualität. Die gegenwärtigen Spreadniveaus für Anleihen mit erhöhten Kreditrisiken, etwa im BBB- oder High Yield-Segment, halten wird derzeit nicht für attraktiv.

Innerhalb des Aktiensegments setzen wir auf Unternehmen, die sich durch starke Geschäftsmodelle und nachhaltiges Wachstum auszeichnen. Die jüngsten Zinssenkungen und weiterhin sehr niedrige Bewertungen sprechen weiterhin für die selektive Beimischung europäischer Nebenwerte. So notiert der STOXX Europe Small 200 Index aktuell auf den Niveaus des zweiten Quartals 2021. Hier sehen wir Nachholbedarf.

Unsere primär zu Absicherungszwecken gehaltene Goldposition profitierte zuletzt deutlich von der Aussicht auf niedrigere US-Zinsen. Zusätzlich setzen die Zentralbanken großer Schwellenländer nach den internationalen Sanktionen gegen Russland verstärkt auf Gold, um ihre Währungsreserven zu diversifizieren. Trotz der deutlichen Kursgewinne sehen wir daher aktuell keinen Grund für eine Untergewichtung des Edelmetalls.