Wann senkt die US-Notenbank den Leitzins?
Spannende Diskussion über den US-Wirtschaftsausblick
Der Konsensus scheint nach dem Ausbleiben einer Rezession im vergangenen Jahr nunmehr für 2024 mit einer weichen Landung der US-Wirtschaft zu rechnen. Laut Bloomberg wird mit einem Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent gerechnet. Es gibt aber auch Analysten, die in ihren Prognosen merklich davon abweichen.
So gibt es immer noch Pessimisten, die 2024 eine Rezession erwarten. Das Hauptargument dafür ist, dass der neutrale Leitzins bei etwa 2,5 Prozent liegt und der aktuelle Leitzins von etwa 5,33 Prozent daher sehr restriktiv wirkt. Für sie ist es also nur eine Frage der Zeit, bis die Rezession kommt.
Im Gegensatz dazu rechnen die Optimisten mit einem Wirtschaftswachstum von mehr als 2,0 Prozent. Das Hauptargument dafür ist, dass sich die allgemeinen Finanzierungsbedingungen von der Geldpolitik abgekoppelt haben und der Konjunktur einen positiven Impuls liefern. Darüber hinaus rechnen sie mit einem schnellen Rückgang der Inflation, der die realen Einkommen hebt und umfangreiche Leitzinssenkungen ermöglicht.
Wir (Metzler Asset Management) haben unsere Wachstumsprognose für 2024 vor einiger Zeit von 0,5 Prozent auf 1,0 Prozent angehoben. Die US-Wirtschaft ist viel weniger abhängig vom Bankensektor als die europäische Wirtschaft und reagiert viel stärker auf Kapitalmarktentwicklungen. So verzeichnete die Wachstumsrate der Kreditvergabe 2023 zwar einen deutlichen Rückgang – von knapp 12 Prozent zu Jahresanfang auf knapp 2 Prozent zu Jahresende – aber die US-Kapitalmärkte entwickelten sich im Gegensatz dazu sehr gut. Die gute Entwicklung an den Kapitalmärkten bedeutet eine Verbesserung der Finanzierungsbedingungen und daher auch bessere Wachstumsperspektiven.
US-Notenbank im Fokus
Aber auch die Pessimisten haben gute Argumente und es könnte in diesem Zyklus einfach länger dauern, bis die restriktive Geldpolitik wirkt.
Vor diesem Hintergrund schauen wir uns mehrere Indikatoren an, die frühzeitig eine Rezession signalisieren könnten. Dabei liegt der Fokus auf dem Arbeitsmarkt. So haben die Konsumenten (Dienstag) oft eine sehr gute und frühe Einschätzung zu Änderungen der Lage am Arbeitsmarkt. Auch sind die wöchentlichen Erstanträge zur Arbeitslosenhilfe (Donnerstag) ein guter Indikator. Natürlich gehören dazu auch die Zahl der offenen Stellen (Dienstag) und der monatliche Arbeitsmarktbericht (Freitag). Sollte sich die Lage am Arbeitsmarkt signifikant verschlechtern, werden wir unsere Prognose anpassen.
Da wir aber von einem (vorerst) stabilen Arbeitsmarkt ausgehen, sehen wir keine Notwendigkeit, dass die US-Notenbank (Mittwoch) bald die Leitzinsen senken muss. Derzeit preisen die Finanzmarktakteure mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent eine Leitzinssenkung im März ein. Wir sehen eine Leitzinssenkung erst im Juni.
Darüber hinaus werden noch die Immobilienpreise (Dienstag), der Beschäftigungskostenindex (Mittwoch) und der ISM-Index (Donnerstag) veröffentlicht.
Eurozone: Verderben steigende Frachtraten den Inflationsrückgang?
Die Inflation (Donnerstag) verzeichnete zuletzt einen ermutigenden Rückgang. Über die drei Monate im vierten Quartal stiegen die Konsumentenpreise ohne Energie und Lebensmittel nur um 1,1 Prozent (annualisiert). Im Januar könnten Steuererhöhungen, Erhöhungen administrativer Preise und steigende Frachtraten nun für eine negative Inflationsüberraschung sorgen.
Grundsätzlich ist aber die wirtschaftliche Dynamik in der Eurozone schwach. So dürfte das BIP (Dienstag) im vierten Quartal um 0,1 Prozent zum Vorquartal gesunken sein. Die Eurozone hätte damit zwei negative Quartale in Folge erlitten, was der landläufigen Definition einer Rezession entspricht. Der Geschäftsklimaindex der EU-Kommission (Dienstag) dürfte darüber hinaus zeigen, dass sich die Wachstumsdynamik zum Jahresauftakt nicht nennenswert gebessert hat. Auch mehren sich die Anzeichen für eine Abschwächung des Arbeitsmarkts. Die Zahl der Arbeitslosen (Donnerstag) könnte steigen. Der zugrunde liegende Inflationstrend in der Eurozone ist vor diesem Hintergrund sehr schwach, sodass die EZB schon im April den Leitzins senken könnte.
Die schwache binnenwirtschaftliche Inflationsdynamik spiegelt sich auch in den niedrigen Inflationserwartungen der privaten Haushalte wider. Die Grafik zeigt auch, dass die Inflationserwartungen oft ein Frühindikator für die Lohnentwicklung sind, die sich im Jahresverlauf merklich abschwächen dürfte.
Bank von England vor schwieriger Entscheidung
Die Bank von England (Donnerstag) hat den Leitzins mit 5,25 Prozent schon stark angehoben. Davon sollte eigentlich ein restriktiver Impuls ausgehen, der die Wirtschaft bremst und die Inflation dämpft. Tatsächlich passiert gegenwärtig aber genau das Gegenteil. Die Inflation beschleunigte sich im Dezember auf 4,0 Prozent und auch die Konjunktur beschleunigte sich im Januar nennenswert. Der Einkaufsmanagerindex der Gesamtwirtschaft verzeichnete einen überraschenden Anstieg auf 52,5 im Januar. Die Bank von England dürfte vor diesem Hintergrund erst einmal eine abwartende Haltung einnehmen und sogar mit Leitzinserhöhungen drohen.
Japan: Arbeitsmarkt im Fokus
In Japan schrumpft die Bevölkerung schon seit einigen Jahren – vor allem das Segment der 16 bis 64-jährigen, die überwiegend am Arbeitsmarkt aktiv sind. Gleichzeitig stieg die Beschäftigung zuletzt auf ein Rekordhoch.
Die Lücke zwischen arbeitsfähiger Bevölkerung und Beschäftigung wird somit immer kleiner, was eigentlich eine zunehmende Knappheit am Arbeitsmarkt signalisiert und mit merklich steigenden Löhnen einher gehen sollte. Tatsächlich ist aber die Arbeitslosenquote seit 2018 stabil bei etwa 2,5 Prozent mit nur geringen Schwankungen um diesen Wert. Offensichtlich ist der Arbeitsmarkt noch nicht eng genug, um eine Beschleunigung der Lohndynamik anzustoßen. Wahrscheinlich muss die Arbeitslosenquote (Dienstag) erst auf 2,0 Prozent oder darunter fallen, bis es dazu kommt. Darüber hinaus werden noch die Industrieproduktion (Mittwoch) und die Einzelhandelsumsätze (Mittwoch) veröffentlicht, die eine solide konjunkturelle Entwicklung zeigen dürften.
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