Brexit: Die traditionelle Volkswirtschaftslehre hatte doch recht
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Großbritannien: Hohe Inflation und Rezession
Großbritannien sticht derzeit unter den Industrienationen mit immer noch sehr hohen Inflationsraten bei gleichzeitig sehr schwachen Konjunkturdaten hervor. So verzeichnete das von der Statistikbehörde monatlich berechnete BIP im Juli einen überraschend starken Rückgang von 0,5 Prozent zum Vormonat. Gleichzeitig droht im August ein Anstieg der Inflation (Mittwoch) auf 7,0 Prozent von 6,8 Prozent im Juli. Der Grund dafür ist eine merkliche Beschleunigung der Lohndynamik, was die Entstehung einer klassischen Lohn-Preis-Spirale anzeigt. So muss die Bank von England trotz realwirtschaftlicher rezessiver Tendenzen den Leitzins wahrscheinlich weiter anheben – am Donnerstag um 25 Basispunkte auf 5,5 Prozent.
Es spricht vieles dafür, dass der Brexit maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass sich Großbritannien so deutlich schlechter entwickelt als die anderen Industrienationen. Die Warnungen vieler volkswirtschaftlicher Analysen vor den bedenklichen wirtschaftlichen Konsequenzen eines Brexits scheinen also doch noch einzutreten – die Pandemie verdeckte nämlich bisher den tatsächlichen wirtschaftlichen Schaden. Lange wurde den Volkswirten von den Brexit-Befürwortern vorgeworfen, dass sie ein unbegründetes „Project Fear“ betreiben würden.
So leidet Großbritannien seit dem Brexit-Votum unter einem erheblichen Arbeitskräftemangel und unter einer geringen Investitionsdynamik. Das heißt, die Angebotsseite der britischen Wirtschaft stagnierte bestenfalls in den vergangenen Jahren. Eine Belebung der Nachfrage hat somit einen starken Effekt auf die Konsumentenpreise aber nur einen geringen Effekt auf das Wirtschaftswachstum. Um die Inflation wieder unter Kontrolle zu bringen, muss die Zentralbank den Leitzins so weit anheben, bis die Arbeitslosenquote wieder merklich gestiegen ist. Großbritannien stehen also sehr schwierige wirtschaftliche Zeiten bevor – siehe Einkaufsmanagerindizes (Freitag).
Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass Großbritannien auf absehbare Zeit wieder der EU beitreten wird, da sich dann wieder gesellschaftliche Risse öffnen würden.
USA: Fed wird sich alle Optionen offenhalten
Die US-Notenbank (Mittwoch) hat derzeit keinen Grund den Leitzins anzuheben, da die Inflation merklich fällt und in der kurzfristigen Dynamik sogar schon wieder das Inflationsziel erreicht hat. Gleichzeitig waren die Konjunkturdaten zuletzt ungewöhnlich uneinheitlich, sodass große Unsicherheit über die zukünftige Wachstumsdynamik besteht. Vor diesem Hintergrund dürfte sich die US-Notenbank alle Optionen offenhalten.
In den USA war in den vergangenen Monaten eine überraschende Belebung am Wohnimmobilienmarkt zu beobachten; normalerweise ist der Wohnimmobilienmarkt sehr zinssensitiv, sodass eigentlich – vor dem Hintergrund der rapiden Leitzinserhöhungen – mit Abschwungtendenzen hätte gerechnet werden müssen. Tatsächlich zeigen auch die wöchentlichen Hypothekenanträge für den Kauf einer Wohnimmobilie den erwarteten Rückgang, der sich in den vergangenen Wochen sogar noch beschleunigte.
Die bisherige Erholung am US-Wohnimmobilienmarkt kann also darauf zurückgeführt werden, dass es eine starke Nachfrage von Käufern gab, die nicht auf Kredite angewiesen waren. Zuletzt scheint jedoch diese Kundengruppe wieder kleiner geworden zu sein, sodass sich die Datenlage wieder etwas verschlechterte: NAHB-Index (Montag), Neubaubeginne (Dienstag), Baugenehmigungen (Dienstag) sowie Umsätze bestehender Wohnimmobilien (Donnerstag). Der Wohnimmobilienmarkt war historisch ein Frühindikator dafür, wie die Geldpolitik der US-Notenbank auf die Realwirtschaft wirkt. Sollte sich der Immobilienmarkt weiter abschwächen, wäre es ein Signal, dass die Geldpolitik langsam beginnt, die US-Konjunktur zu bremsen.
Darüber hinaus werden noch der Philadelphia Fed Index (Donnerstag) und die Einkaufsmanagerindizes (Freitag) veröffentlicht.
EZB legt den Fokus auf Inflationsbekämpfung
Die Leitzinserhöhung der EZB war eine schwierige Entscheidung, da sich die EZB zwischen Inflation und Wirtschaftswachstum entscheiden musste. Als eine Folge der Leitzinserhöhung der EZB haben wir unsere Wachstumsprognose für die Eurozone im nächsten Jahr auf nur noch 0,2 Prozent reduziert und liegen damit erheblich unter den Wachstumserwartungen der EZB. Wichtige Konjunkturdaten wie das Konsumentenvertrauen (Donnerstag) und die Einkaufsmanagerindizes (Freitag) dürften die Abschwungtendenzen in Europa untermauern.
Bank von Japan ohne Eile
Die japanische Wirtschaft läuft derzeit gut, wie die Exporte (Mittwoch) und die Einkaufsmanagerindizes (Freitag) zeigen dürften. Gleichzeitig ist die Inflation (Freitag) mit voraussichtlich 3,0 Prozent ungewöhnlich hoch. Es ist eigentlich ein Umfeld, indem die Bank von Japan (Freitag) über eine Verringerung des geldpolitischen ultraexpansiven Stimulus nachdenken sollte. Tatsächlich möchte die Bank von Japan aber nicht mehr die Fehler der Vergangenheit wiederholen, als sie viel zu früh die Geldpolitik straffte. Daher fokussiert sie sich auf die inländische Lohndynamik. Erst wenn die Löhne dauerhaft über 3,0 Prozent steigen, möchte sie eine Zinserhöhung vornehmen. Derzeit beträgt die Wachstumsdynamik der Löhne nur etwa 1,8 Prozent. Die Bank von Japan wird sich also noch lange Zeit lassen können, bis sie den nächsten Schritt geht.
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