Bitcoin-ETFs – Der Wolf im Schafspelz
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Zehn Jahre nachdem die Winklevoss-Zwillinge den ersten Antrag für einen Bitcoin-ETF bei der U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) eingereicht haben, ist es nun also so weit. Mit der Entscheidung der SEC am 10. Januar gleich elf dieser Produkte zum Handel zuzulassen, wird dieses Datum für Bitcoin-Evangelisten auf der ganzen Welt in die Geschichte eingehen, markiert es doch aus ihrer Sicht den Sieg der vermeintlich neuen über die alte Finanzwelt. Gary Gensler, dem Präsidenten der SEC, dürfte kaum eine vergleichbare Entscheidung, zu der ihn erst der U.S. Court of Appeals bewegen musste, jemals schwerer gefallen sein – und das machte er auch sehr deutlich.
Stärkere Überwachung
In all dem auf diese Entscheidung folgenden medialen Getöse ist es sinnvoll zu hinterfragen, was sich eigentlich tatsächlich geändert hat. Wer Bitcoin besitzen wollte, der konnte dies auch in der Vergangenheit schon auf relativ unkompliziertem Wege tun. Zum Beispiel über diverse Neobanken und Trading-Plattformen oder auch über den schon seit Jahren in den USA notierten Grayscale Bitcoin Investment Trust, den größten seiner Art. Im Gewand eines Exchange Traded Product (ETP) – der etwas präziseren Bezeichnung als ETF – sinken die Gebühren, und der Handel an regulierten Börsen unterliegt einer stärkeren Überwachung, als es bei den Vorgängerprodukten der Fall war. Das ist zunächst einmal positiv.
Die Begeisterung der Kryptojünger geht aber noch weiter. Der Handel von zugelassenen Produkten an einer regulierten Börse, so das Narrativ, eröffnet den Zugang zu ganz neuen (institutionellen) Anlegerschichten, die aufgrund ihrer Anlagerichtlinien bislang außen vor bleiben mussten. Und diese zusätzliche Nachfrage soll helfen, den Bitcoin in ungeahnte Höhen zu katapultieren. Das mag passieren – oder auch nicht. Es sei jedem unbenommen einzuschätzen, inwieweit sich der Hype aus den Lockdown-Jahren wiederholen oder vielleicht sogar übertreffen lässt. Damit bleibt der Kauf von Bitcoin auch im neuen Gewand aber das, was es vorher auch schon war: eine hochspekulative Wette auf ein Gut, bar jeden intrinsischen Wertes.
Und an der Stelle lohnt es vielleicht doch noch einmal kurz innezuhalten und den insbesondere in Social-Media-Kanälen verbreiteten Jubel kurz auszublenden. Der Handel mit Bitcoin wird sicherlich zunehmen, aber werden professionelle Investoren mit Versicherungs- und Rentengeldern nur aufgrund einer leichteren Handelbarkeit jetzt den Weg ins Kryptocasino antreten? Das hierfür oft bemühte Argument, wie positiv eine kleine Kryptobeimischung die Rendite des Gesamtportfolios beeinflusst hätte, ließe sich mit den richtigen Start- und Endpunkten auch für Tulpenzwiebeln im 18. Jahrhundert oder Dotcom-Aktien im Neuen Markt machen. Folgt man Studien, dass über 80% aller Initial Coin Offerings (ICOs) als „scam“, vulgo Betrug, qualifizieren, dann mag man hier auch zu anderen Schlüssen kommen.
Alter Wein in neuen Schläuchen
Dann sieht man Bitcoin vielleicht eher als das, was es ist, und worauf der SEC-Präsident Gensler in einem denkwürdigen schriftlichen Statement parallel zur Genehmigung der Bitcoin-ETPs hingewiesen hat: Bitcoin ist eben kein Gold, sondern „primär ein spekulatives, volatiles Gut“, das sich, wie wir an dieser Stelle vor einigen Jahren schon einmal ausgeführt haben, vor allem für Geldwäsche, für die Umgehung von Finanzsanktionen, für die Zahlung von Lösegeldern und – so Gary Gensler auch – für die Terrorismusfinanzierung eignet.
Eine neue Verpackung macht noch kein neues Produkt. Diese Erkenntnis ist genauso trivial wie wichtig in diesem Zusammenhang. Amerikanische Sub-Prime-Hypotheken wurden nicht dadurch besser, dass man sie in handelbaren Wertpapieren gebündelt hat. Solange die Maschinenräume der Kryptoindustrie weiter in undurchsichtigen Strukturen in Puerto Rico oder auf den Bahamas angesiedelt sind, – fernab von jeder Transparenz und echter Kontrolle – solange werden Kryptoinvestments nur spekulativer Handel mit hoffnungsgeschwängerter heißer Luft sein.
Digitale Währungen kommen
Die Einführung echter digitaler Währungen liegt noch vor uns. Für deren Einführung sehen auch die Zentralbanken zu Recht eine ganze Reihe von guten Gründen. Diese Währungen werden in Stabilität und Sicherheit zumindest dem heutigen Fiat-Geld gleichen. Dann wird Geldaufbewahrung auch im digitalen Raum möglich sein, ohne Sorge, ob es morgen noch da ist und welchen Wert es dann hat. Ob man auf dem Weg dorthin sein Glück mit Bitcoin-Spekulation versuchen möchte, möge jeder mündige Anleger selbst entscheiden. Diese Frage enthebt sich der fundamentalen Kapitalmarktanalyse.
Börsen-Zeitung, erschienen am 24.12.2024, Autor Pascal Spano, Leiter Research Metzler Capital Markets
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