Die Finanzmärkte sind der Taktgeber für die Realwirtschaft geworden
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Traditionelle Ansätze funktionieren nicht mehr
In der traditionellen Analyse stehen immer an erster Stelle realwirtschaftliche Entwicklungen beziehungsweise Erwartungen an zukünftige realwirtschaftliche Entwicklungen, die an zweiter Stelle dann die Kurse an den Finanzmärkten bestimmen.
Tatsächlich haben die Finanzmärkte heutzutage so ein großes Gewicht in der Weltwirtschaft, dass sie oft eher umgekehrt die realwirtschaftlichen Entwicklungen bestimmen. Das beste Beispiel dafür sind die „Indizes der Finanzierungsbedingungen“, die Aktienkurse, Spreads von High-Yield-Anleihen und vielen anderen Finanzanlagen umfassen. Die Entwicklung der Finanzierungsbedingungen hat dabei heutzutage einen starken Einfluss auf das Wirtschaftswachstum.
Ein anderes Beispiel dafür ist der Welthandel. In der Grafik ist eine negative Korrelation zwischen dem US-Dollar-Wechselkurs und dem Welthandel erkennbar. Eigentlich würde man vermuten, dass ein starker US-Dollar den Welthandel beflügeln sollte, da die anderen Währungen dann eher schwach sind und es somit attraktiv ist, zu exportieren.
Tatsächlich funktioniert der Welthandel aber nur dann gut, wenn Exporteure leichten Zugang zu US-Dollar-Fremdwährungskrediten haben. So müssen sie in der Regel erst Rohstoffe und Vorleistungsgüter auf den Weltmärkten in US-Dollar einkaufen und diese dann verarbeiten, bevor die Güter exportiert werden können. Das heißt, dass die US-Dollar-Finanzierungsbedingungen auf den Weltmärkten einen größeren Einfluss auf den Welthandel haben als die Wettbewerbsfähigkeit in Folge einer Wechselkursänderung.
Laut einer Studie des ehemaligen Chefvolkswirts des Internationalen Währungsfonds Maurice Obstfeld ist der US-Dollar-Wechselkurs ein maßgeblicher Einflussfaktor für die US-Dollar-Finanzierungsbedingungen weltweit. So verschlechtert eine Aufwertung des US-Dollars die Finanzierungsbedingungen, da US-Finanzinstitute dann weniger internationale US-Dollar-Kredite aufgrund der gestiegenen Rückzahlungsrisiken vergeben – ohne günstige Finanzierungsbedingungen kein Export. Das heißt, die Finanzierung bestimmt den Welthandel.
Gleichzeitig zeigt die Studie, dass der US-Dollar-Wechselkurs auch die lokalen Finanzierungsbedingungen in den Schwellenländern beeinflusst. So reduziert eine Aufwertung des US-Dollars um 10 % die lokale Kreditvergabe der Banken in den Schellenländern um etwa 4,0 Prozent. Gleichzeitig fallen die Aktienkurse und steigen die lokalen Zinsen. Somit ist eine enge Korrelation zwischen dem Wachstum der Schwellenländer und dem US-Dollar-Wechselkurs zu beobachten.
Sollte unsere These für 2025 eintreten, dass eine merkliche Abwertung des US-Dollars politisch angestrebt wird, hätte es positive Effekte auf den Welthandel und das Wachstum der Schwellenländer. Davon würde auch die deutsche Exportwirtschaft profitieren.
Schwierige Lage in der globalen Industrie
Derzeit ist jedoch der US-Dollar noch in einem Aufwertungstrend, was wie beschrieben den Welthandel und das Wachstum der Schwellenländer belastet. Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass sich die globale Industrie (Einkaufsmanagerindex der Industrie, Montag) schwach entwickelt. Dazu kommt noch der Verdrängungswettbewerb von chinesischen Unternehmen, die stark von Subventionen und einem unterbewerteten Wechselkurs profitieren. Vor diesem Hintergrund dürften die deutschen Daten zu Auftragseingängen (Donnerstag), zu den Exporten und der Industrieproduktion (jeweils Freitag) vorerst düster bleiben. Wir rechnen jedoch mit einer merklichen Konjunkturbelebung in Deutschland im Jahresverlauf 2025 aufgrund einer Investitionsoffensive unter einer neuen Regierung und einer Belebung des Welthandels.
Der globale Dienstleistungssektor (Einkaufsmanagerindex des Dienstleistungssektors, Mittwoch) zeigt sich dagegen solide. Wobei sich der Dienstleistungssektor in den USA sehr dynamisch entwickelt, während er sich zuletzt in Japan und Europa abschwächte. Die Leitzinssenkungen der EZB seit Juni könnten jedoch schon zu Jahresanfang 2025 eine Trendwende einleiten und zu einer Verbesserung der Wachstumsdynamik in der Eurozone beitragen. Schon jetzt ist nämlich eine Trendwende in der Kreditvergabe zu beobachten und ein positiver Kreditimpuls.
USA: Leitzinssenkung der US-Notenbank immer schwieriger zu begründen
Die US-Notenbank hat zwei Ziele: Preisstabilität und Vollbeschäftigung. Sie interpretiert dabei eine Inflationsrate von 2,0 Prozent als Preisstabilität. In dieser Woche beschleunigte sich die Inflation – Konsumentenpreisdeflator ohne Energie und Lebensmittel – jedoch sowohl in der Betrachtung gegenüber Vorjahr als auch gegenüber vor drei Monaten auf eine Rate von 2,8 Prozent. Damit erreicht die US-Notenbank derzeit ihr Ziel der Preisstabilität nicht.
Am Freitag werden die Arbeitsmarktdaten veröffentlicht. Wir rechnen mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf 4,2 Prozent. Derzeit zeigen Schätzungen, unter anderem des Congresssional Budget Office, dass die Vollbeschäftigung bei etwa 4,5 Prozent liegen könnte. Heißt, die US-Notenbank hat das Ziel der Vollbeschäftigung erreicht.
Natürlich sind für die Geldpolitik nicht die heutigen Daten relevant, sondern die zukünftig zu erwartenden Entwicklungen am Arbeitsmarkt und bei den Preisen. Ein wichtiger Indikator dafür ist die Zahl der offenen Stellen (Dienstag).
Damit die US-Notenbank weitere Leitzinssenkungen rechtfertigen kann, müsste sich die Inflation in den kommenden Monaten erheblich abschwächen und/oder die Arbeitslosenquote merklich steigen. Derzeit sprechen die Konjunkturdaten eher für ein anhaltend solides Wirtschaftswachstum. Somit stellt sich die Frage, ob die Finanzmarktakteure nicht zu viele Leitzinssenkungen einpreisen. Wir erwarten nur noch eine Leitzinssenkung im Dezember.
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